Pia Heckes, 24. Januar 2018

Der Hof des Bonner Cassiusstiftes in Muffendorf

Vorbemerkungen zu den geistlichen Besitzungen im Mittelalter

Nachweislich bereits im 9. Jahrhundert besaßen die Karolinger einen Hof in Muffendorf, der den Neunten nach Aachen ins Marienstift abzuliefern hatte. Eine Urkunde König Arnulfs von Kärnten vom 13. Juni 888 gibt Aufschluß darüber. Der Hof gelangte im elften Jahrhundert durch Erbschaft an das von Anno II. gestiftete Kloster auf der Siegburg und erhielt daher später den Namen „Siegburger Hof“ (Abb.1). Die Geschichte dieses Hofes ist recht gut erforscht.

Die Geschichte des Muffendorfer Cassiusstiftshofes liegt dagegen bisher weitgehend im Dunkeln.

Siegburger Hof in Muffendorf
Abb. 1: Siegburger Hof in Muffendorf

Wenn man sich mit der Geschichte eines Hauses oder eines Hofes beschäftigt, der bereits im Mittelalter bestanden hat, erhellen eventuell vorhandene Archivalien in den überwiegenden Fällen schlaglichtartig einen ganz bestimmten, fest umschriebenen Zeitraum. Fehlen Archivalien für einen Zeitabschnitt oder eine Epoche, herrscht Dunkelheit. Besonders spannend wird es, wenn man wenige Nachrichten aber schlüssig miteinander verbinden kann, einen „roten Faden“ durch die Geschichte über Jahrhunderte knüpfen kann. Im Falle des Cassiusstiftshofes zu Muffendorf soll dies im folgenden geschehen.

Das Dorf Muffendorf war über Jahrhunderte größer als das Dorf Godesberg und verfügte bereits seit dem frühen Mittelalter ausweislich der Pachthöfe über vielfältige Beziehungen nach Köln, Aachen, Bonn und sogar nach Lüttich. Die Beziehungen zu Bonn, Köln und Lüttich (Martinistift) weisen auf das Kerngebiet pippinidisch-merowingischer Herrschaft hin, die Beziehungen zum Aachener Marienstift weisen auf die Karolinger.

Elf geistliche Besitzungen und ein adeliges Anwesen sind für das alte Muffendorf in vornapoleonischer Zeit bisher bekannt. Das größte Anwesen in direkter Dorflage war seit 1254 die Kommende des Deutschen Ordens (Abb. 2) mit ihren Ländereien, die mehr als 200 Morgen umfassten. Das Kloster Marienforst, im Tal des Godesberger Baches etwa 30 Minuten Fußweg westlich von der Godesburg gelegen, besaß ebenfalls umfangreiche Ländereien in und um Muffendorf, sowie einen Hof in Muffendorf. (Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland, Marienforst, Urkunden Nr. 187) Immerhin war das Kloster um 1592 so bedeutend, dass es in Christian Sgrootens „Atlas Madrid“ auf Karte 33 gleichberechtigt neben Nonnenwerth, Godesberg, Gudenau und der Tomburg erscheint, auch wenn die Genauigkeit der geographischen Darstellung zu wünschen übrig lässt. (Vgl. Kat. Renaissance am Rhein, LVR-Landesmuseum Bonn, 2010/2011, S. 148/149) Der im Mittelalter erwähnte Hof des Martinistiftes (HAStK, Best. 234 Katharina, U 1/8) zu Lüttich umfasste etwa 60 Morgen, der Hof des Cassiusstiftes im Mittelalter 30, anderen Quellen zufolge 11 Morgen, der Hof der Abtei Siegburg bei der Versteigerung 1804 etwa 21 Morgen. Das Kloster Heisterbach besaß seit dem 22. November 1256 einen Hof in Muffendorf von insgesamt 37 Morgen, davon 4 Morgen Weinberg, 13 Morgen Ackerland, 20 Morgen Wald, der damit auch eine ansehnliche Liegenschaft darstellte.(Wiedemann 1930, S. 104) Das Kölner Allerheiligenspital, Kloster Rolandswerth und das Kloster Sankt Clara in Köln waren ebenfalls in Muffendorf begütert, wie auch die Kölner Antoniter Land in und um Muffendorf herum besaßen. (Vgl. Müller-Hengstenberg, Herbert: Die Kölner St. Thönnes-Herren in Lannesdorf und Mehlem, in: Godesberger Heimatblätter, Bd. 32, S. 27-31)

Kommende in Muffendorf
Abb. 2: Kommende in Muffendorf

Im Güterverzeichnis des Cassiusstiftshofes von 1597 ist auch das Stift St. Severin in Köln als Grundbesitzer in Muffendorf genannt (S. 62r). Ausweislich dieser Quelle ist das Stift St. Severin direkter Nachbar zu einem Grundstück des Cassiusstiftes. Dies ist die bisher einzige Quelle, die über Landbesitz des Severinstiftes in Muffendorf berichtet. Im Historischen Archiv der Stadt Köln (2.2.2/ Best. 264, A 39, 40) finden sich Archivalien zum Hof des Severinstiftes in Lannesdorf. Möglicherweise hängt der hier erwähnte Grundbesitz damit zusammen. Im Jahr 1500 kaufte das Severinsstift einen Hof in Lannesdorf „mit Ackerland, Weingarten und Wiesen für 290 Goldgulden“ (Vgl. Schmidt-Bleibtreu, Wilhelm: Das Stift St. Severin in Köln, Siegburg 1982, S. 353), dieser blieb bis zur Säkularisation im Besitz des Stiftes.

Die sogenannte Muffendorfer „Alte Burg“ der Familie von Weichs-Körtlinghausen bestand aus einem Burghaus, Ökonomiegebäuden und einem großen arrondierten Landbesitz rings um das Burghaus sowie weiteren Ländereien, die 1831 ca. 47 Morgen umfassten. (Vgl. Heckes: Muffendorf, 2014)

Der Hof des Martini-Stiftes (Lüttich) ist durch nur eine Archivalie bisher belegt und es ist erstaunlich, dass dieser große Muffendorfer Hof von 60 Morgen nicht im Rahmen der Säkularisierung ebenfalls zur Versteigerung kam. Ein Rätsel bleibt, wie die Geschichte dieses Hofes aussieht und wo er lag. Möglicherweise ist er im Pfälzischen Krieg oder früher, z.B. in den Truchsessischen Wirren am Ende des 16. Jahrhunderts, spurlos untergegangen, und sind in der Folge die Ländereien entfremdet und anderem Besitz zugeschlagen worden. Für den Lütticher Hof in Mehlem erwähnt Wiedemann wiederum interessante Details, die belegen, dass der Hof schon im Jahr 1275 an das Kölner Domstift verkauft wurde. Möglicherweise ereilte den Lütticher Hof in Muffendorf ein ähnliches Schicksal. Bisher ist dies unerforscht.

Den Hof der Abtei Siegburg, Siegburger Hof oder Jägerhof genannt, ersteigerte 1804 ein Konsortium von mehreren Erwerbern, zu denen auch der damalige Muffendorfer Ortsvorsteher Urban Jülich (*1766†1835) gehörte. Seine Tagebücher geben lebhaft Auskunft über die „Franzosenzeit“. Urban Jülich gehörte zu den wohlhabenden Bauern im Dorf. Er lebte damals (1811) auf dem großen Hof an der südlichen Ecke Hauptstraße/Martinstraße, die noch „Auf der Schmitten“ hieß, weil dort eine uralte Schmiede gelegen hatte, (Vgl. Schulte, Albert: Muffendorf in der Franzosenzeit, VHH 5, 1967, S. 19-54) die später als Schulhaus und heute als Wohnhaus dient. Der Hof des Urban Jülich ist bis heute erhalten.

Das französische Urkataster von 1811 zählt in Muffendorf 110 Wohngebäude, 5 Backhäuser, zwei große Scheunen, eine Schnapsfabrik, die Kirche und den Pfarrhof (die Liegenschaften der Mühle in Wattendorf nicht mitgezählt) auf. (Vgl. Strack, Herbert: Auszüge aus den Ur-Flurbüchern der Gemeinde Muffendorf vom 8. November 1811, VHH 1987, S. 107) Die Kelterhäuser werden nicht gesondert erwähnt. Alle hier erwähnten Grundstücke und Liegenschaften finden sich in den Listen und auf den zugehörigen Karten wieder. Es wurde deshalb darauf verzichtet, bei einzelnen Erwähnungen jeweils Kartenausschnitte einzufügen. Nur im Falle der Hausgrundstücke des Johann und des Caspar Schwingen ist dies geschehen, um die fraglichen Höfe darstellen zu können.

Nicht viel ist bisher bekannt geworden über den Hof des Stiftes St. Cassius zu Bonn in Muffendorf. Insbesondere drei veröffentlichte Hinweise boten den Anreiz, Licht in das Dunkel rund um diese Besitzung zu bringen, die offenbar bereits seit dem 12. Jahrhundert dem Stift St. Cassius und Florentius zu Bonn (im folgenden Cassiusstift genannt) gehörte. Die Frage wäre zu klären, ob es möglich ist, die Lage des Stiftshofes von St. Cassius in Muffendorf anhand der verschiedenen Archivalien wie der Pachtbriefe des 18. Jahrhunderts und der oben genannten Überlieferungen festzustellen. Also gilt es, die vereinzelten Hinweise zum Cassiusstiftshof miteinander in Verbindung zu bringen und möglichst eine Spur bis in das 20. oder 21. Jahrhundert zu finden. Dabei ist zu beachten, dass das Cassiusstift auch in Godesberg einen Hof besaß, den sog. Kapitelshof. Damit es hier nicht zu Verwechslungen kommt, ist der Muffendorfer Hof im folgenden Cassiusstiftshof genannt.

Der Cassiusstiftshof

Drei verschiedene Liegenschaften in Muffendorf kommen als Cassiusstiftshof infrage, weil sie mit dem Namen Schwingen im 18. und 19. Jahrhundert verbunden sind. Zwei davon liegen an der Hauptstraße, eine am Helpert. Alle drei waren in der fraglichen Zeit Ende des 18. Anfang des 19. Jahrhunderts im Besitz eines Johann Schwingen. Im folgenden wird der Versuch unternommen, anhand vereinzelter Überlieferungen herauszuarbeiten, für welchen Hof die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass dies der Cassiusstiftshof ist, der zuerst 1136 archivalisch nachgewiesen ist. Ein Hinweis Horst Heidermanns, dass die Vorfahren des Muffendorfer Malers Peter Schwingen (*1813 †1863) bis zur Aufhebung des Stiftes Pächter des Muffendorfer Hofes gewesen seien, gab Anstoß. (Zuerst in: Heckes, Pia, und Heidermann, Horst: Peter Schwingen (1813 – 1863), Leben Werk, Bonn 1995, S. 5) Richtig ist, dass Johann Schwingen(s), der Ur-Urgroßvater des Malers Peter Schwingen, als Pächter von 1711 bis 1722 auf dem Muffendorfer Hof des Cassiusstiftes lebte. Ein weiterer Pächter, ebenfalls mit Namen Johannes, war von 1763 und von 1770 an zusammen mit seiner Frau Barbara Roelens Pächter auf diesem Hof.

Feldhüter Peter Joseph Schwingen (*1786 †1856), der Vater des Malers, lebte bereits auf einer kleinen Hofstelle auf der Gassen 95 (heute Muffendorfer Hauptstr. 36) auf eigenem Grund und Boden gegenüber den reichen Verwandten Johann und Caspar Schwingen, die die Liegenschaft auf der Talseite der Straße bewohnten und bewirtschafteten. Dazu später mehr.

Der zweite Hinweis auf einen Hof der Schwingens fand sich in dem ausführlichen Aufsatz von Herbert Strack über den Flurkartenatlas des Mathias Ehmans. Dazu folgen weiter unten nähere Angaben. Der für die Geschichte Godesbergs unentbehrliche Wiedemann geht kursorisch auf die Liegenschaften des Cassiusstiftes in Muffendorf ein, indem er einige wenige Archivalien dazu aufführt und u.a. ebenfalls auf die Pächterfamilie Schwingen hinweist. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch den Maler Peter Schwingen (*1813†1863), den er allerdings falschen Lebensdaten und den falschen Eltern zuordnet. (1930, S. 101-104) In dieser Hinsicht kann Wiedemann nur als eingeschränkt zuverlässig gelten, weil er offenbar ungeprüft mündlich Tradiertes übernommen hat.

Der Hof des Cassiusstiftes im Mittelalter

Zunächst aber zur mittelalterlichen Geschichte des Hofes. Das Stift St. Cassius und Florentius in Bonn (Bonner Münster) gehörte zusammen mit dem Viktorsstift in Xanten und St. Gereon in Köln zu den ältesten und bedeutendsten Stiften im Rheinland; seine Geschichte geht zurück bis vor das Jahr 691, reicht also bis in die Zeit der Merowinger. (Höroldt, Dietrich: Das Stift St. Cassius zu Bonn von den Anfängen der Kirche bis zum Jahre 1580, 2. Aufl. Bonn 1984) Und das Cassiusstift gehörte zu den an Liegenschaften reichsten Stiften im Rheinland, so wundert es nicht weiter, dass das Stift auch zu Muffendorf begütert war. Eine frühe urkundliche Nachricht dazu findet sich im 12. Jahrhundert. Im Jahr 1136 beurkundet Erzbischof Bruno II. von Köln, dass er „...mit Zustimmung der ganzen Kölner Kirche einige Weinberge zu Bonn, die EB. Friedrich I mit Erlaubnis des Domstifts dem dortigen Cassiusstift zum Gebrauch der Kanoniker geschenkt hatte, gegen einen vogtei- und steuerfreuen Mansus in der villa Moffendorph eingetauscht habe und bestätigt dem Stift neuerdings denselben nach dem Tode des bisherigen Inhabers, des erzbischöflichen Ministerials Arnold.“ (Knipping, R. Die Regesten der Erzbischöfe von Köln, Mittelalter, Zweiter Band, 1100-1205, S. 51, Nr. 320; Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland , Bonn, St. Cassius, Urkunden Nr. 6) Das heißt, dass mit dem Cassiusstift in Bonn ein Tauschgeschäft abgeschlossen wurde: das Domkapitel in Köln erhielt Weinberge „An der Herrenmauer“ im Tausch gegen eine Hofstelle in Muffendorf für das Cassiusstift in Bonn. Demnach stammt dieser Muffendorfer Hof aus dem Besitz Erzbischof Brunos II. oder des Domkapitels und hatte direkte Bezüge zu Köln.

Bruno von Berg (*um 1100 †29.5.1137), Kölner Erzbischof von 1131 bis 1137, war ein Sohn des Grafen Adolfs I. von Berg und der Adelheid von Lauffen. Graf Adolf I. gilt als der erste urkundlich nachweisbare der Grafen von Berg, die über große Territorien im Rechtsrheinischen verfügten. Landbesitz der Grafen von Berg auch auf dem linksrheinischen Gebiet wäre erstaunlich, es sei denn, Bruno II. hätte diesen Hof im Rahmen seiner kirchlichen Amtstätigkeiten, die ihn nach Koblenz, Paris und Köln führten, erworben. Oder aber der Hof zu Muffendorf gehörte zur Ausstattung des Kölner Domkapitels. Bisher wissen wir darüber nichts. Deutlich wird aber, dass der spätere Hof des Cassiusstiftes bereits vor 1136 bestanden haben muss und im weitesten Sinne dem Dom zu Köln zugeordnet war.

Als „Mansus“ wurde im zwölften Jahrhundert ein Hof bezeichnet, der von einer Familie zu bewirtschaften war und 30 Morgen Land entsprach. Später setzte sich als Bezeichnung für Höfe dieser Größe auch das Wort „Hufe“ durch. Welchen Umfang an Grund und Boden diese 30 Morgen in heutigen Maßen hätten, das lässt sich aufgrund fehlender Bezugsgrößen und genauerer Angaben nicht feststellen.

Vor diesem Problem standen noch die Versteigerer der Nationalgüter nach 1803, die eine genaue Landvermessung nicht durchführten und stattdessen durch ungefähre Angaben der Pächter die Größe der zu veräußernden Ländereien annäherungsweise schätzten. (Vgl. hierzu: Schieder, Wolfgang (Hrg.): Säkularisation und Mediatisierung in den vier rheinischen Departements 1803 – 1813, Boppard 1991, S. 82) Diese Schätzungen waren oftmals unvollständig, da es immer wieder den Versuch gab, Gutsbesitz zu verschweigen, was durch die Unübersichtlichkeit der oft kleinteilig parzellierten Liegenschaften recht einfach möglich war. Wenn Pächter im Zuge des Nationalgüterverkaufs kaufen wollten, so lag es ja auch in ihrem Interesse, die Ländereien möglichst gering anzugeben, um auch den Preis ebenfalls gering zu halten. Aufgrund alter Weistümer und des Bearbeitens der Grundstücke kannten die Nachbarn die Flurstücke und wussten in der Regel, wer welches Stück bearbeitete, bzw. wem es zugehörte. Und in den wenigsten Fällen werden Nachbarn in einem kleinen Dorf wie Muffendorf Grundstücke grundlos reklamiert haben in einer Zeit, in der das Faustrecht durchaus noch als legitime Konfliktlösungsmethode angesehen wurde.

Außerdem bestand für viele Ackerer und Bauern erst nach 1804 überhaupt die Möglichkeit, vom Ersteigerer (oftmals die vormaligen Pächter) größerer zusammenhängender Grundstücke kleinere Parzellen in Randlage für den eigenen Bedarf zu erwerben oder zu tauschen, so dass man sich gehütet haben wird, den Franzosen die verschwiegenen Güter anzuzeigen. Denn man wollte ja weiterhin mit dem Erwerber oder Besitzer auf gutem Fuße stehen. Die alten Weistümer behalfen sich wegen fehlender Vermessungen mit der genauen Angabe der Namen der Flurstücke und der Angabe der Nachbarn. Das erbrachte zwar ellenlange Listen, die aber spätestens seit dem 16. Jahrhundert auch schriftlich geführt wurden, um relative Rechtssicherheit über Grund und Boden in kirchlichem Besitz herbeizuführen. Durch die Zersplitterung der landwirtschaftlichen Liegenschaften infolge der Realteilung durch Erbgang wurden diese Weistümer immer länger und unübersichtlicher, weil die Anlieger und ihre Rechte und Pflichten immer zahlreicher wurden. Der Mangel an Vermessung und die Veränderungen bei den Maßen und Gewichten im Laufe der Jahrhunderte macht eine direkte Vergleichbarkeit von Größenangaben zusätzlich kaum möglich. Das wird erst mit dem französischen Urkataster besser. Hier haben wir saubere Listen mit klaren Größenangaben, die sich auf das metrische System umrechnen lassen. Allerdings zeigen die Listen des Urkatasters auch, dass es Liegenschaften gab, die unter dem Begriff „omis“ geführt wurden. Das heißt soviel, dass vergessen ist, wem dieses Stück gehörte. Möglicherweise war das eine Lücke in den Weistümern oder auch absichtliches Verschweigen, oder es war Folge des Aussterbens von Familien, die keine Erben hinterlassen haben, z.B. infolge der zahlreichen kriegerischen Auseinandersetzungen und auch der Seuchenzüge, denen das Rheinland im Mittelalter und in der Neuzeit ausgeliefert war.

Die Lehnsakten des frühen und hohen Mittelalters sind für das Cassiusstift durch die Einwirkungen des Truchsessischen Krieges gegen Ende des 16. Jahrhunderts weitestgehend verloren gegangen, als ein erheblicher Teil des Stiftsarchivs durch Brandschatzung zerstört wurde. (Höroldt, D.: Das Stift St. Cassius zu Bonn von den Anfängen der Kirche bis zum Jahr 1580, Bonner Geschichtsblätter Bd. XI, Bonn 1957, S. 34) Daher klaffen in der Überlieferung große Lücken. Da sich aber das Mittelalter und die Neuzeit bis zur Französischen Revolution (1789) durch Kontinuität auszeichnen, und die Kirche als Grundbesitzerin dafür bekannt ist, einmal erworbenes Land nicht oder selten zu veräußern, und da die Kirchengrundstücke nicht der Realteilung unterlagen, darf davon ausgegangen werden, dass der Hof des Cassiusstiftes in Muffendorf bis zur Einziehung der Güter während der Säkularisation und der Aufhebung des Stiftes (1802) im Besitz des Cassiusstiftes geblieben ist. Die Pachtverträge des 18. Jahrhunderts, die erhalten geblieben sind, sowie das Güterverzeichnis von 1597 und die Versteigerungsunterlagen aus dem Jahre 1804 bestätigen diese Einschätzung. Da 1804 nur ein Hof des Cassiusstiftes in Muffendorf versteigert wurde, ist es wahrscheinlich, dass es sich hier um den gleichen Hof handelt, der 1136 durch Tausch an das Cassiusstift gelangte und durch Schenkungen und Erbschaften im Laufe der Jahrhunderte arrondiert und vergrößert wurde.

Es finden sich aber glücklicherweise auch andere Archivalien aus dem Mittelalter, die eine Beziehung von Immobilien in Muffendorf zum Cassiusstift nahelegen. Im Jahr 1401 wird eine Erbzusage an das Cassiusstift getätigt: „Gobel von Köln gen. Goetz bekundet: Da er nach dem Tod des Teil Meysen dessen Witwe Metza geehelicht hat, die noch die Leibzucht an dem Haus, Erbe und Gut hat, das Teil zu Lebzeiten dem Kapitel von St. Cassius zu Bonn (Bunne) vor den Schöffen zu Muffendorf vorbehaltlich seiner und Metzas Leibzucht übertrug, hat der Erzbischof von Köln, dessen Diener er ist, das Kapitel schriftlich gebeten, ihm ebenfalls die Leibzucht an dem Gut zu gönnen, solange er lebt und auch nach Metzas Tod. Er und Metza sollen dieses künftige Erbe des Kapitels nicht verkaufen und aufteilen. Da das Kapitel ihm die erbetene Gunst erwiesen hat, übergibt er dem Kapitel eine Hofstatt, die neben jenem Erbe liegt und die er angekauft hat, in Erbbesitz nach seinem Tod. Die 2 Malter Korn, die da Neesswaltz Kinder an Jahrrente geben und die Metza von des Kapitels wegen erhebt, sollen nach Metzas Tod wieder an das Kapitel fallen. - Wegen Siegelkarenz Siegelbitte an Ritter Dietrich Kolbe (Koluen), Hofmeister (1), und Otto Ruymschuttelen, Küchenmeister des Erzbischofs (2). Siegelankündigung derselben. Datum 1401 die vicesima quarta mensis Augusti. Vermerke : Laut Rückvermerk: a) bewohnt Katherina Scheffers das Haus zu Muffendorf (15. Jh.) - b) wurde die Urkunde von Jacob Buchel (Büchel?) an Johannes Westerborg übergeben (16. Jh.).“ (Landesarchiv NRW, Abt. Rhld., Bonn St. Cassius, Urkunden Nr. 320) Ein zweiter Hof des Cassiustiftes erscheint später nicht mehr in den Archivalien. Möglicherweise wurde dieser Hof dem Hof des Cassiusstiftes zugeordnet. Dafür spricht auch das Güterverzeichnis von 1597. Denn hier ist ausdrücklich von „unseren Erbschaften“ die Rede, was darauf hindeutet, dass es mehrere Erbfälle oder Schenkungen gegeben hat, die dann einem Hof zugeordnet wurden.

Nochmals im 15. Jahrhundert (1435) scheint der Hof des Cassiusstiftes zu Muffendorf in den Urkunden auf: „Tielman Riichwyns, Andres an deme Gryndel, Gerlach in deme Steynhoeue und sämtliche anderen Schöffen des Gerichts zu Godesberg (Gu-) bekunden, dass vor ihnen Peter Scheeffer und seine Ehefrau Elsa, wohnhaft zu Muffendorf (-dorp), bekannt haben, dass sie von Dietrich Bemel, Dekan, und dem Kapitel der Kirche St. Cassius zu Bonn folgende Erbgüter auf 12 Jahre von heute an geliehen und empfangen haben: Hof, Haus und Wohnung im Dorf Muffendorf an der Marien längs Erbe des Hermann Koegelberg, 1 Viertel Wingert gen. die Henke neben Erbe Gertrud Koegelbergs sowie 12 Morgen Artland im Muffendorfer Feld, und zwar 4 1/2 Viertel an der Henken neben Henkin Ludewichs Sohn, 2 1/2 Morgen in deme Erzendall neben Coentze Nyen son, 1 1/2 Morgen vur der Engergassen neben den Deutschherren, 1/2 Morgen over den Inethen graven bei den Deutschherren, 3 Viertel up deme Griess neben den Deutschherren, 1/2 Morgen an Elistorper weege bei Erbe Peter Scheeffers, 1/2 Morgen an Riimpstorper pade neben Dietrich Nyen soene, 1 Morgen bei Fie von Emme, 3 Viertel binnen dem Graben neben Fie von Emme, 3 Viertel dabei neben Fie von Emme, 1 1/2 Morgen über der Straße neben Heinrich vamme Griine, 1/2 Morgen unter dem Deutschherrentor und dazu 4 Morgen Busch in deme Luusberge und 2 Morgen Busch up deme Holssmarke, ferner 4 Schilling Kölner Pagaments Zins, den Greta Herren dem Kapitel jährlich von 1 Morgen Land up deme Iuethe zahlt, ferner den Pesch an der Vodermar, den Henkin Suyrwin hat, sofern das Kapitel diesem den Pesch gerichtlich entziehen kann, und falls nicht, sollen die Eheleute doch die Jahrpacht davon haben. Für alle diese Güter sollen die Eheleute und ihre Erben auf ihre Kosten und Gefahr dem Dekan und Kapitel jährlich am Martinstag [11. November] oder binnen 14 Tagen danach 6 Malter trockenen Roggen Bonner Maßes, 2 Pfennige nächst dem besten, der auf dem Bonner Markt feilgeboten wird, in den Speicher und vor den Sömmer des Kapitels zu Bonn liefern. Dafür haben die Eheleute 1 Morgen Land in deme Erzendall neben Land des Kapitels, wovon man jährlich 1 Sester Weizen an Heinrich an deme Gryndel zu Muffendorf als Lehnherrn zahlt, sowie 1/3 Morgen Land ebendort beim Land des Kapitels als freies Eigen zu Unterpfand gesetzt. Vor dem Lehnherrn und den Schöffen haben die Eheleute diese 2 Stücke Land dem Dekan und Kapitel für die Rentzahlung aufgetragen. Sie sollen alle vorgenannten Güter vom Kapitel zu Lehen besitzen. Das Kapitel soll den Sester Weizen dem Lehnherrn weitergeben. Die Eheleute haben gelobt, binnen den nächsten 2 Jahren je 10 Rheinische Gulden pro Jahr an den Hof und Haus mit Rat des Kapitels zu verbauen; sie sollen das gesamte Gut in gutem baulichen Zustand bewahren. Widrigenfalls und falls sie oder ihre Erben die 6 Malter Roggen und den Sester Weizen ein Jahr lang nicht vollständig liefern, sollen das ganze Lehngut wie auch die Unterpfänder sogleich dem Dekan und Kapitel erfallen sein. Diese mögen ihren Schaffner oder Verwalter nach Godesberg zu dem Schultheißen und den Schöffen schicken, 25 Pfennige geweldegelt bei Gericht hinterlegen und sich in Lehngut und Unterpfänder einwäldigen lassen; und ihre rückständigen Renten und ihre Kosten und Schäden mögen sie von den Eheleuten oder deren Erben einklagen, die ihnen unverzüglich Genüge tun sollen. Herrlichkeit des Erzbischofs von Köln und Recht des Lehnherrn bleiben unberührt. - Die Schöffen kündigen ihr Schöffenamtssiegel auf Bitten der Eheleute an.... gegeven ... 1435 in allerheyligen maende des tzweelfften dages.“ (Landesarchiv NRW, Abt. Rhld., Bonn St. Cassius, Urkunden Nr. 399)

Hier sind als Pacht nur die Erträge aus dem Getreideanbau genannt, hauptsächlich Roggen und Weizen, nicht aber Wein. Möglicherweise hing das zusammen mit dem Kälteeinbruch der sogenannten „Kleinen Eiszeit“, die vom Beginn des 15. Jahrhunderts an bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts dauerte. Das Haus musste instand gesetzt werden, wie dies aus dem Pachtvertrag hervorgeht. Und zwar in Absprache mit dem Kapitel. Das heißt, die einzelnen Maßnahmen mussten mit dem Eigentümer abgesprochen werden und wurden im voraus auf 20 Rheinische Gulden veranschlagt, was keine kleine Summe gewesen ist. Der Renovierungs- oder Sanierungsbedarf ist möglicherweise mit dem schweren Orkan zu erklären, der am 7. Oktober 1434 den gesamten Westen Deutschlands heimgesucht hatte, (Vgl. Schmidt-Bleibtreu, Wilhelm: Das Stift St. Severin in Köln, Siegburg 1982, S. 53) und auch in Köln schwere Schäden verursacht hatte. Zählt man die Anzahl der hier genannten Ländereien zusammen, so kommt man auf 18,25 Morgen Pachtland. Möglicherweise wiederum eine Variation der Maßzahlen, die den Zeitumständen geschuldet ist. Die Bezeichnung „an der Marien“ kann bisher nicht erklärt werden.

Laut Maaßen hatten die Stiftsherren von St. Cassius in Bonn aus dem Muffendorfer Hof „dem Abt zu Siegburg eine jährliche Rente von 3 Malter Weizen, 3 Malter Hafer, 5 Schillingen, einige Hühner, oder statt deren 4 ½ Albus und noch 2 Ohm, 4 Viertel Wein zu liefern“. (Maaßen: Geschichte der Pfarreien des Dekanates Bonn, Bonn 1899, Bd. 2, S. 292)

Das Cassiusstift hatte u.a. das Recht, Mastschweine in den Kottenforst zu treiben. Da das Stift selbst dies wohl kaum geleistet haben wird, werden die in der Nähe des Kottenforstes ansässigen Pächter dies übernommen haben. Anfangs des 15. Jahrhunderts ist Streit über die Schweinemast mit dem „abteilichen Hof“ zu Muffendorf aufgekommen. Der „bewerer“ (Verwalter) des Siegburger Hofes hatte mitsamt seinen zehn bis zwölf Geschworenen einmal im Jahr festzustellen, wieviele Schweine in den Kottenforst getrieben werden durften, auch die Zahl der Schweine des Cassiusstiftes wurde in diesem Verfahren, das wohl auch im sog. „Muffendorfer Weistum“ festgehalten gewesen ist, festgelegt. Die Abschrift einer Archivalie vom 9. November 1413 gibt Aufschluss über diesen Streit. (Münsterarchiv Bonn, Stiftsarchiv, B. 192-194, D. 171-173)

Die nachmittelalterliche Geschichte des Hofes

1517 gibt es eine neue Nachricht über den Hof zu Muffendorf in einem Kaufvertrag über einen Hof zu Peppenhoven, darin ist zu lesen: „Der Hof Beppenhoven hat jährlich folgende Ausgülten [zu zahlende Entschädigungen]: auf den Kapitelshof in Leimersdorf 5 1/2 Hühner, auf des Jungherrn Johann Hof 1 1/2 Hühner, den Jungfern auf dem Werth 4 Kapaune, auf den Kapitelshof zu Leimersdorf 16 Sester Weizen, 13 Sester Hafer und 7 Schilling, auf den propsteilichen Hof zu Muffendorf (Moffendorff) 6 Schilling, dem Kapitel von St. Cassius 2 Kurmeden, den Jungfern auf dem Werth 1 Kurmut, dem Propst zu Muffendorf 1 Kurmut aus dem Hof Pissenheim (-heym) oder Beppenhoven, den Jungfern von St. Cäcilien 1 Kurmut; diese Kurmeden sind alle Pferde-Kurmede, ausgenommen die von Muffendorf, die zweifelhaft ist“. (Landesarchiv NRW, Abt. Rhld., Bonn St. Cassius, Urkunden Nr. 504)

Da in dem Schriftstück von 1413 ebenfalls bezug genommen wird auf ein „Muffendorfer Weistum“, ist es nur folgerichtig, dass im „Kopiarbuch“ (Bonn, Münsterarchiv, 235) vom Ende des 16. Jahrhhunderts sich eine Abschrift eines sogenannten „Muffendorfer Weistums“ vom 6. April 1551 befindet. Dieses Weistum enthielt die Kodifizierung der wesentlichen Bestimmungen des Wirtschaftens in Muffendorf unter besonderer Berücksichtigung der Rechte des Deutschen Ordens, der mit der Kommende eines der wichtigsten Wirtschaftsgüter in Muffendorf besaß. Aus welchem Grunde das Weistum der Kommende in das Archiv bzw. in das Kopiarbuch des Cassiusstiftes gelangte, ist nicht ersichtlich. Möglicherweise hatte es einen Streit zwischen dem Deutschen Orden und dem Cassiusstift um bestimmte Nutzungsrechte gegeben, die dazu führten, dass dieses Weistum schriftlich fixiert und kodifiziert wurde. Allerdings ist der Zeitpunkt, zu dem das Weistum aufgeschrieben wurde, insofern interessant, da um die Mitte des 16. Jahrhunderts auch in Bonn die Auseinandersetzungen um die Reformation deutlich zu spüren waren, und es den katholischen Institutionen daran gelegen sein musste, ihre Rechte in Form von Schriftstücken festzuschreiben und so zu sichern.

Im folgenden soll der Wortlaut hier wiedergegeben sein. Es ist davon auszugehen, dass neben diesem Weistum noch weitere spezielle Weistümer existierten, die für die größeren Höfe galten und der Abgrenzung der verschiedenen Rechte und Pflichten dienten, die allerdings im Laufe der Jahrhunderte bis ins späte 18. Jahrhundert dann vollkommen unübersichtlich geworden waren. Unübersichtlich waren sie deshalb geworden, weil immer mehr Rechte und Pflichten untereinander und wechselseitig entstanden waren, Rechte und Pflichten auf andere übergegangen waren und nahezu jeder Ackerer und Pächter im Dorf zahlreichen anderen Dorfbewohnern pflichtig geworden war. Es handelte sich um ellenlange Auflistungen von Verpflichtungen, die selbst bei größtem Wohlwollen nicht mehr zu überblicken, geschweige denn vollkommen vereinbarungsgemäß zu erfüllen waren.

Interessant ist aber in dem vorliegenden Weistum auch die Erwähnung der sog. „Viermänner“ als letztlich entscheidender Instanz, wenn die zehn oder zwölf Hof-Geschworenen nicht zu einer Einigung kommen konnten. Die Regelung der Viermänner geht noch auf die römische Antike zurück, als die „Viermänner“ (Quattuorvirn) oberste Verwaltungsbeamte mit Rechtsprechungs- und Aufsichtsaufgaben waren. Insbesondere die Überwachung des Kottenforsts gehörte noch im 16. Jahrhundert zu den Aufgaben der „Viermänner“. Auch dies belegt die wirtschaftliche Bedeutung dieses großen zusammenhängenden Waldgebietes. Und nicht zuletzt zeigt sich im Überleben dieser Institution der „Viermänner“ eine besonders lange währende Verwaltungspraxis: von der Antike bis in die Neuzeit.

Hier nun der Wortlaut der Abschrift des Weistums von 1551, dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um eine Abschrift aus dem späten 16. Jahrhundert handelt, wobei Fehler in der Abschrift nicht auszuschließen sind.

Das Weistum der Kommende von 1551

„Weisthumb der geschworen des Hoffs zu Moffendorff

In Gotts Namen Amen. Khundt und offenbar sei allen und jeglichen, den diß iegenwerdige offenbare Intrument zu sehen oder hören laßen xxx wirdt, das im Jar nach Christi unseres herrn geburt, alß man schrieb tausent fünfhundert fünffzig ein uff einem Monntag nach Quasi modo geniti den sechsten tag Aprilis vertruit drey uhren nach mittag, in der neundten Iudiction oder Romer Zinßzal, Pabstumbs der allerheiligsten in Gott Vatterr und herren Hern Julij von gotlicher Fürsthaftigkeit Pabst des dritten in seinem Zweiten Jahre, für für mich offenbaren Notario und Ersamen gezeugen und undergeschrieben erscheinen der Erwürdige Herr Frantz von Goldtstein Küchenmeister zu Cölln Deutsch ordens sampt Johan Wysen gemelter ordens Trapierer zu Cölln, derselbigen als beweglichen erfahren (?) und sonderlichem brauchs des Erwürdigen herrn herrn Wilhelm Galborn von Hergern LandtCommenthur der Ballei Coblentz

Zu erhaltung der gerechtigkeit des ordens hoffs zu Moffendorff von dem Ersamen Peter Lentzes (?), des des Erwürdigen herren Abts und Gotshauß zu Sieburgh hoeffs schultissen zu Moffendorff, fleißlich begeert haben, das er gemelten herrn Frantz mit allen der Ordensgüthern, die dem abgedachtem herrn Abten und Gotshauß Sieburgh lehenrürich seindt, wie hoeffs gewonheit ist belehrenn und zu einer empfangender handt aufsetzen wülle (?).

Dem dann also von genanten Schultissen binnen dem gehegden gedinge in bywohne der hoffsgeschworn et sampt eigenwürtig geschehen ist. Doch folgendts derselbe Schultiß vorgevoerten hoffsgeschworen alsamen begeert, das sie desselben hoffsgerechtigkeit, wie auch uff allenn ungeboden dienstlichen dagen binnen Jars gewöhnlich, usdrücklich und klerlichen erzelen willen, daruff sie sich bedacht und offentlich erzalt wie nachfolgt.

Item weisen die geschworen dem Erwürdigen herrn Abt und Gotsfürst zu Sigburg im Jare deres ungeboden gedinge dages, einen des ergsten Montags nach Quasi modo geniti, den andern Montag nach Naturalis Ioannis, den dritten Montag nach der heiligen drei küning tage. Dort erkennen und weisen die geschworen einem Abt und Gotsfürst vergeß (?) für gerechtigkeit. Erstlich an Werderbrücken so weren in den Rhein, alß man mit einem Roß reiden mach und mit einem Speer schiessen sonder stroume, von dannen über das gebirgs zu Rider Bahnen durch der Kirchen Chor.
Item von danne biß zu Binnerstorff an den Abbenstock. Item von dem Abbenstock an den Rodenstein.
Item von dem Rodenstein an in die Eißbach.
Item wart der Eißbach aff biß in die alte bache.
Item uß der alten bachen uff umb den Kottenforst biß umb die vier taighe (Teiche)
Item von dannen herab beime Mergenforß (Marienforst) in die hundtsbach.
Item von dannen hinab in die aldebach
Dort die alde bach ab biß zu Godesbergh über die brücken und zu Blitterstorff über die brücken und widder in den Rein, alß weit ein Man mit einem Roß reiden und mit einem Speer schiessen mach sonder stroume
Item binnen dem gemelten begriff bekennen die geschworen einen Abt und Gotsfürst vors eine freie Schefferei, eine freie Vischerei und eine freie Jegerei sonder Hochwildt.

Item ab es Sache were das ein Zwist wurde uff der Jacht, das iemandt todt bliebe, wo alß dan der dode corper das haupt hin keret in der herligkeit soll der theter gerechtferdigt werden
Item man werfet auch für recht dem Abt und Gotsfürst vorgemelt und den geschworn des hoffs vier freier wege iedern so weith das ein Reuterman eine gley (?) von sechzehen fussen Zuwerß für ime ohn verhinderung von hecken und bäumen, fuhren mag. Der erste Weg von der Abts haus an durch die enge gasse gnant Voidts (?)gasse abe biß gen Rümpstorff in den Rhein, do mach der Abt seine pferde drenckenn,
Item den anderen Weg von der Abts haus durch die hütgen (Hüttchen) Landtsdorff und vort zu Nederbachem in des Abtshoff.
Item den dritten wegh in den Lüngborch in die steinküile, ob der Abt und geschworen steine von noten hatten zu bauwen
Item der vierte wegh sol gahn von der Abtshoff uff gen Mergenforst (Marienforst) durch die neuere Kirche in den vehr wegh und vort in den Kottenforst. Und ob Sache were das ein Zwentracht entstünde zwischen dem Stifft Cölln und der Graffschafft Neuenar, das alßdan die geschworn Ir vehr mogen dreiben und fare in den Kottenforst ungeletzt (?) xxx ob der Almechtiger seine gnad gebe das der Kottenforst ecker gewünne, alßdann soll der Schultiß nennen zehen oder Zwölff geschworne von dem elsten der vier Manne und dem Probst von Bonne den Waldt Zubesichtigen ws er erleiden mag, und so denselbigen den Waldt geschatzt, soll man den geschworn eckern also viel Schwein in zu seiner Küchen nodich sonder argelist
Item den vier Mannen iedern dreissig Schwein und einen beeren (Eber)
Item dem Probst von Bonn viertzig Schwein und einen beeren (Eber)
Item was nun darüber der Waldt weither erleiden kan, weißt der geschworn dem Abt von Sigburgh oder behelder des Waldts

Item noch weißt der geschworn den Lehenleuthen zu Meckenhem (?), der samt ein und zwanzig, das ein ieder sehen (seine) Schwein uff treiben soll vermöge eins vertrags. Aber sunst von alters haben Sie uffgetrieben Schwein so vil sie uff iren trogen gezogen haben sonder argelist. Das sollen die von Meckenhem in der geschworen xxx dreiben und niemandt mehr. Die Lehnsleute sollen auch von iren Schweinen geben den gewöhnlichen hirten lohn, nemblich von iedern Schweine drei heller
Item die von Schweinhem sollen der geschworn vehr weg räumen (?) und vreihalten des morgen so Ire Küe in den Kottenforst dreiben zu werden.
Noch weist der geschworn allen geschworn uff das Abts house vorgs (?) was sie von holtz zu Iren baue uff iren hoffs güedern von nothen haben, und sunst allen gebruck des Waldts im Kottenforst. Und ob einigen geschworn ries holtz zu seinem baue von nothen wehr und die Schweine darunden gingen, soll er die abkeeren darnach das holtz hauwen das niemandts Schade geschehe.
Item noch weist der geschworen, der Schultiß des hoffs zu Moffenddorff sulle uff denn ungeboden denkirchen tagen mit seinen fürstern, die den Waldt verwaren erscheinen und sullen fragen ob auch der Waldt verhauwern, verschiedt oder abgelahrt würde, das sullen die geschworn nach Iren vermogen helffen keeren. Und so sie darzu zugeringe weren und nit konden gedonn, sollen sie die vier Manne anruffen, den Schaden helffen weren, darmit der Waldt und die geschworn bei Irer gerechtigkeit bleiben mogen
Item weist noch der geschworn das der Abt zu Sigbergh ein gankhafftige Mülle in obgerürtem begriff dem geschworn halten soll, des fall der Mülner dem geschwornen malen drei malder umb einen Sester, und dasselbige korn in seines selbes herkom binnen eine ban milen wegs weit und breit holen und den geschworn haus livüren (liefern), Und wa nu der Mülner den geschworn nit gleich rhate, sol er den Mülner mit hoffs boden den Sack affbinden, und so der selbiger Sack zugeringe und nit gut genug werre, soll und mag er den Mülner das pfert mit gemeltem boden affwenden, dasselbige uff des Abthoff fürren an einen Zaun binden, darnach ime ein Schandtholtz für und einen Eimmern Wassers hinden stellen oder setzen, Wo aber der Mülner das Pferdt loß stäen daruf nicht acht wolde haben, dadurch es affgängig würde, soll der geschworen den Waldtmeister lassen holen. Ime dan bast das ist der haut abgezogen und uff den Rück hangen, und dasselbiger so offt und dießmal thun biß dem geschworn gleich geschiet. Es soll auch der Mülner uff allen ungeboden gedinge dagen mit seinen Nascheren uff dem haus erscheinen, die selbige lassen probieren, ob sie recht seindt. Wo nun der Mülner dissen vorgeß dingen ein vernügen (?) thut, so ist der geschworene auch schuldig bei Ime zu malen, wo aber der geschworen bei einem anderen Mülner malen, und des geschworen Mülner selbs vorneme würde, so hat er macht uff seiner straffen xxx xxx mals mit dem Sacke zusammen, und seine Pacht darmit zubezalen. Über welche alle und iegliche sachen und puncten wir die oben in dissem offenbaren Instrument begriffen seindt, haben vorgemelte Herrn Frantz Goldtstein Küchenmeister und Johan Wyß Trapierer alß von ordens wegen, Dort die Ersamen Peter Lentzes Schultiß, Henrich Kogelbergh, Johan Scheffer, Johan Sallertz, johan Klokener sampt allen anderen des hoffs geschworen sie gegenwertig samen und besonders noch offenbaren Notariu underschrieben, ersucht fleißlichen gebeden (?). Ihme fernen ein oder mehr offenbare Instrument in der besten formen zu mach zu schreiben, alß manche und vil Ihre der im Rechte von noten gebürt, Diß alles geschiet ist zu Moffendorff uff der Abts haus vorigim Jahre, Mannde (?), dagen, xxx, xxx Indiction wend Pabstumb vorgeß, In beiwesen der Ersamen Fürstligen Pater Primus Scheffen zu Melheim und Severin Fischer wonafftig zu Rümpstorff Scheffen zu Godesberch beide Colsches, alß glaubhafftigen gezeugen hierzu geruffene sonderlich und gebeden.

Und wand ich Jacobus Moseller Clevisch Colsches kreftens von keyserlicher macht offenbarer bewerter Notarius ein mit den den obgemelten gezeugen bei sulchen der hoffsgeschworn Wyß, dem erkenneniß und allen anderen Sachen gegenwertig war, horet und sah sulchs also geschehen, hab darumb diß gegenwerig Instrument gemacht, mit eigner handt geschrieben und mit meinem gewonlichen Zeichen, nhamen und Zunamen gezeichnet, In urkundt wend gezeuge der warheit aller vorgs Sachen, darzu erfordert gewessen sonderlich und gebetten Weisthumb der Probsteyen herligkeiten zu Bonn durch die geschworn zu Endenich erklerrt“.

Dieses Weistum bedarf der näheren Erläuterung. Zum einen weil die Sprache so altertümlich, zum anderen weil es inhaltlichen Klärungsbedarf gibt. Eindeutig ist erwähnt, dass es sich um das Weistum der Deutschordenskommende handelt, denn es findet sich der Hinweis: „Zu erhaltung der gerechtigkeit des ordens hoffs zu Moffendorff“ sei dieses Schriftstück verfasst worden. Es folgt dann eine Beschreibung des Grenzverlaufs, der östlich wohl mitten im Rhein verlief und westlich vier Teiche im Kottenforst umschloss. Von den Teichen ging es hinunter zum Kloster Marienforst und von dort über verschiedene Bäche zurück nach Plittersdorf in den Rhein. Es ging soweit in den Rhein, wie man mit einem Pferd in den Strom hineinreiten konnte oder mit einem Speer schießen konnte, also schon ein weites Stück, zumal der Rhein um diese Zeit nicht befestigt war und einen sehr breiten Ufersaum gehabt haben wird. Desweiteren sind vier freie Wege genannt, die so beschaffen sein mussten, dass sie bequem zu nutzen waren. Die heutige Albertus-Magnus-Straße spielte eine wichtige Rolle, wurden über diesen Weg die Rosse des Abtes der Kommende zum Rhein geführt, um sie dort zu tränken. Im Lyngsberg wurden bereits Steine gebrochen, die Schweinemast im Kottenforst wurde großzügig gehandhabt, die Entnahme von Holz aus dem Kottenforst war geregelt, insbesondere der Müller der Kommende erfuhr harte Ermahnungen und Strafandrohungen, falls er nicht ehrlich und korrekt mahlen würde. Dieses Weistum aus der Mitte des 16. Jahrhunderts ist ein sehr sprechendes Zeugnis und beweist, wie weit die wirtschaftliche Strukturierung bereits gediehen war.

Von der Kommende zurück zum Hof des Cassiusstiftes: Eine Überraschung bergen die überlieferten Pachtbriefe des Cassiusstiftshofes aus dem 18. Jahrhundert, die sich im Landesarchiv NRW, Abteilung Rheinland, in Duisburg befinden. Eingebunden zwischen den Pachtbriefen befindet sich ein Güterverzeichnis des Muffendorfer Hofes aus dem Jahr 1597. Dieses Verzeichnis schließt eine große Lücke innerhalb der Überlieferung und ist wahrscheinlich angelegt worden, weil nach den Truchsessischen Wirren (1583 Sprengung der Godesburg), die eine Folge der Reformation waren, eine Klärung der Besitzverhältnisse herbeigeführt werden musste. Dieses Güterverzeichnis ist insofern auch eine wichtige Archivalie, als dass deutlich wird, dass im Vorfeld ein Ereignis stattgefunden haben muss, das es notwendig machte, die Güter des Cassiusstiftes in Muffendorf schriftlich zu fixieren. Man ging also davon aus, dass die Strukturen, die das alte Wissen hätten tradieren können, so geschwächt waren, dass eine Kodifizierung notwendig wurde. Auch dies spricht für eine zumindest teilweise Zerstörung des Dorfes in den Truchsessischen Wirren. Bonn wurde ab 1597 Residenzstadt und Hauptverwaltungssitz des Kölner Kurfürsten, was ebenso die Notwendig begründet haben könnte, die Güter des Cassiusstiftes schriftlich zu fixieren. Dies hängt unter Umständen zusammen mit dem Ereignis, das die Abschrift des oben erwähnten Kommende-Weistums notwendig erscheinen ließ.

In der Güterbeschreibung des Cassiusstiftshofes von 1597 ist eindeutig ein „Steinern Hauß“ als Bestand des Gutes mit Stallungen, Scheune und Kelterhaus genannt: „Erstlich ein Steinern Hauß mitt Scheuer Stallen Kelterhauß, Gartten und bungardtten zu Muffendorf gelegen“. So dass man davon ausgehen darf, dass das Haus die Wirren des 16. Jahrhunderts überstanden hat und bis dahin bereits auf eine sehr lange Geschichte zurückblicken konnte.

Heute sind auf dem betreffenden Grundstück an der Muffendorfer Hauptstraße keine Reste eines mittelalterlichen Steinhauses zu erkennen. Es ist später untergegangen und wurde durch ein Fachwerkhaus ersetzt. Wann dieses steinerne Gebäude untergegangen ist, ist bisher nicht feststellbar. In den Pachtbriefen des 18. Jahrhunderts ist von der Instandhaltung von "Dach und Fach" die Rede. Daher darf davon ausgegangen werden, dass das steinerne Haus bereits nicht mehr existierte, es also zwischen 1600 und 1711 (dem Jahr, aus dem der erste nachmittelalterliche Pachtbrief erhalten ist) untergegangen sein muss und durch einen Fachwerkbau ersetzt worden ist. Kriegerische Einwirkungen im Rheinland sind ja hinreichend nachgewiesen für das 17. Jahrhundert: November 1632: Überfall der Schweden, die 1633 Mehlem einäschern. 1641: Kriegszug der Hessen und Franzosen. 1689: Zerstörung Bonns und des Umlandes durch die Franzosen, 1703 Beschießung durch die Engländer. Anlässe zur Zerstörung dieses Steinhauses hätte es, abgesehen von den üblichen Katastrophen wie Brand, Sturm, Erdbeben oder Blitzschlag, also genügend gegeben.

Offenbar lagen bei der Abfassung des Verzeichnisses 1597 noch ältere Güterumschreibungen vor, so aus den Jahren 1495, 1526 und 1544, die wahrscheinlich mit der jeweiligen Neuverpachtung der Liegenschaften erstellt worden waren und im Verzeichnis von 1597 erwähnt sind. Diese Verzeichnisse sind aber wohl nicht erhalten, jedenfalls bisher nicht aufgefunden worden. Das Güterverzeichnis von 1597 stellt insofern auch eine Herausforderung dar, da es unterschiedliche Maßangaben verwendet. Auch finden sich Kürzel, die, da kaum lesbar, auch nicht sicher aufgelöst werden können und so einige Unsicherheiten bestehen bleiben. Es ist aber meist in Fuß (füeß) und Rute (rode) von Landmesser Jacobus Schulthissen gemessen worden. Mangels eines Systems von Messpunkten, das erst viel später in die wissenschaftliche Vermessungskunst eingeführt wurde, wurden nur die Größen der Grundstücke angegeben. Zu identifizieren waren sie durch die Angaben, welche Nachbarn in welcher Richtung an das jeweilige Stück anstießen. Als Nachbar finden sich häufig die Deutschen Herren zu St. Katharinen (Köln), gemeint ist der Deutsche Orden, und auch das Kloster Heisterbach. Ein Peter Joris kommt vor, ein Kogelbergh, Krieger, Meister Simons Erben, ein Wilhelm Simonds und ein Johann Wilhelm. Die Lage der Grundstücke ist meist dadurch erläutert, dass die wesentlichen Wege und Straßen bezeichnet sind, an denen die Grundstücke lagen. Viele lagen im Pennenfeld, nach Rüngsdorf und Mehlem zu, einige in Richtung Lyngsberg. Andere an der Waasemsgasse. Ein offenkundig größeres Stück (anderthalb Viertel und zwanzig Fuß) lag zwischen den Herren Stein (alte Burg) und dem Deutschen Haus (Kommende). Bei Maaßen ist nachzulesen, dass 1463 ein Hermann Kogelbergh im Zusammenhang mit dem Siegburger Hof genannt wird, er kommt ebenfalls in dem Pachtbrief des Cassiusstiftshof von 1435 vor.

An erster Stelle des Güterverzeichnisses sind die Weingärten genannt, offenkundig die wichtigsten landwirtschaftlichen Güter, dann folgen die Baumgärten (Bungerten), dann das Wiesenland, dann Busch (Wald) und Driesche (Brache).

Insgesamt kommt man, bei allen Unwägbarkeiten durch die Maßangaben, auf einen Bestand von 11 Vierteln, 1,5 Pint, 7,5 Ruten und 4 Fuß an Weingärten, die zum Hof gehörten. Warum hier in diesem Verzeichnis nicht ausschließlich, wie in dem Pachtvertrag von 1435, von „Morgen“ gesprochen wird, sondern von Morgen, Vierteln, Pint, Ruten und Fuß, das mag in der Vermessung durch einen „geschworenen“ Landvermesser begründet liegen, der detailreicher zu messen verstand. Obstbau spielte offensichtlich noch keine wesentliche Rolle, es waren vorhanden 1,5 Viertel und 20 Fuß Baumgärten. Wiesenland als Weidefläche war reichlich vorhanden, mehr als 55 Morgen nach der Liste. Diese Angabe will fragwürdig erscheinen, vergleicht man die Größen der übrigen Lagen damit. Jedenfalls ist nicht erwähnt, wie der Zuwachs an Ländereien zustande gekommen ist. Auch wäre dieses Güterverzeichnis nur dem damaligen Ortskundigen hilfreich. Es ist nicht möglich, die hier genannten Stücke mit den Angaben z.B. der Ehmanschen Karten oder des französischen Katasters in Übereinstimmung zu bringen. Interessant ist aber auch der Hinweis auf eine „Jungfer Magdalena Büchel“, die als direkte Nachbareigentümerin einiger Grundstücke genannt ist. Magdalena war eine Tochter des Heinrich von Büchel (†1597), dessen Familie das Lehen des Essener Frohnhofes zu Godesberg innehatte. Da in dem Güterverzeichnis die Rede von „Jungfer Büchel“ ist, wird deutlich, dass ihre Eheschließung mit Wilhelm Judenkop von Streithagen zu Uersfeld (*um 1558†1607) und der Antritt ihres Erbes nach 1597 liegen müssen. In einem weiteren Güterverzeichnis ist dann ein Junker Büchel als Eigentümer dieser Ländereien genannt. Damit könnte der Erbfall von Magdalena Büchel (gestorben zwischen 1600 und 1616) an ein anderes Mitglied der Familie Büchel dokumentiert sein, denn in dem Güterverzeichnis von 1747 wird als Eigentümer noch ein Junker Büchel genannt. Ob dies einem Irrtum des Verfassers geschuldet war, der schlicht der Tradition gefolgt war, wäre im Bereich des Möglichen, denn die Familie Büchel war im rheinischen Zweig bereits im 17. Jahrhundert ausgestorben, oder ob das Erbe an den geldrischen Zweig der Familie gefallen war, das wäre zu klären.

Kulturell und wirtschaftlich erlebte das Rheinland im sechzehnten Jahrhundert insgesamt eine Blüte, wie dies im Katalog zur Ausstellung „Renaissance am Rhein“ des LVR-Landesmuseums Bonn von 2010/11 sehr anschaulich gemacht wird. Die Strukturierung des Erzstiftes Köln war weit vorangeschritten, alle wesentlichen Verkehrswege führten nach Köln, wo Handel und Wandel das „Rom des Nordens“ prägten. Der Niedergang Kölns setzte ein nach dem Truchsessischen Krieg. Das Haus Wittelsbach mit seinen Kurfürsten übte dann nach der Niederlage der protestantischen Partei bis weit ins achtzehnte Jahrhundert die Macht im Erzbistum Köln aus, und die klösterlichen Strukturen, die oftmals bis auf die frühe merowingisch-karolingische Zeit zurückreichten, blieben bis 1802 bestehen und bewahrten auch die landwirtschaftlichen Strukturen, die oft bereits im Mittelalter angelegt waren und bis in die Neuzeit, teilweise bis zu den Napoleonischen Reformen im Rheinland Bestand hatten. Die Kumulierung fruchtbaren Landes in den Händen von Kirche und Adel war für die relative Stagnation der Landwirtschaft insgesamt mitverantwortlich. Das änderte sich erst grundlegend nach dem Ende der Napoleonischen Kriege.

Für das 17. Jahrhundert, das durch Kriege, Terror und Seuchen (1597, 1607, 1622, 1625, 1630/32, 1634-38, 1665-69 Pest in Bonn) im Rheinland gekennzeichnet ist, haben sich bisher keine Archivalien mit Bezug auf den Cassiusstiftshof gefunden. Es war ein wahrhaft düsteres Jahrhundert für den Bonner Raum, auch im Hinblick auf den Hexenwahn, der in Bonn anscheinend besondere Exzesse hervorbrachte. Allein für das Jahr 1639 sind ungefähr 50 Hinrichtungen erwähnt. Meist brannten die Frauen nach „hochnotpeinlichen Verhören“, der Folter, auf dem Scheiterhaufen. Dazu kamen die furchtbaren Pestereignisse und kriegerische Verwüstungen. Gewalt und Sadismus beherrschten das Jahrhundert.

Bei den kriegerischen Ereignissen sind vor allem die Zerstörungen durch die Einwirkungen der Schweden 1632 und der hessischen Truppen ab 1641, durch die Besetzung Bonns durch kaiserliche Truppen 1673, durch den Pfälzischen Erbfolgekrieg 1689 mit der weitgehenden Zerstörung Bonns zu nennen. Auch das ländliche Umfeld der Stadt Bonn wird jeweils in Mitleidenschaft gezogen worden sein, sei es durch Einquartierung oder Zerstörung. Belege dafür sind die Zerstörung des Stiftes Vilich im Jahr 1632 und Mehlems (in der Nacht vom 13. auf den 14. Januar 1633) durch die Schweden. Nicht lange danach kamen die Hessen: „Im Juli 1645 hausten sie [die Hessen] furchtbar in Meckenheim, plünderten das Schloß Heimerzheim und erschienen vor Bonn... Die Hessen äscherten die Dörfer Dransdorf, Meßdorf, Ödekoven, Lessenich ein...und steckten am folgenden Tag Morenhoven, Buschhoven, Flerzheim und andere Dörfer in Brand. Erst im August 1648 verließen die Hessen das Oberstift“. (Ennen, Höroldt: KlGeschStBN, Bonn 1968, S. 105) Zwischen 1642 und 1648 war das Bonner Umland insgesamt schwer von den Hessen heimgesucht worden. Auch Honnef wurde im Juni 1647 überfallen. Vieles spricht dafür, dass Muffendorf ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen wurde, vor allem das Fehlen älterer Profanbauten scheint diese These zu belegen. Die Forschung geht heute davon aus, dass infolge des Dreissigjährigen Krieges etwa 40 Prozent der Landbevölkerung das Leben verlor. Ganze Dörfer verschwanden von der Landkarte. Von 1672 bis 1674 waren zunächst französische, dann kaiserliche Truppen in Bonn. Die schlimmsten Zerstörungen fanden im Pfälzischen Krieg statt: „“Nachdem Ende April [1689] der letzte große Versorgungstransport in Bonn eingetroffen war, begann das entsetzliche Zerstörungswerk, das rings um Bonn ein Glacis – verbrannte Erde – schaffen sollte. Burgen und feste Häuser wurden zerstört, die benachbarten Ortschaften gebrandschaftzt, die unreife Frucht auf den Feldern verbrannt“. (Ennen, Höroldt: KlGeschStBN, Bonn 1968, S. 113) Es dauerte lange bis eine wirtschaftliche und kulturelle Erholung eintreten konnte.

1698 entstand ein Wegekreuz an der Hauptstraße gegenüber der Einmündung des Helperts (früher: Hundsgasse) wohl zum Dank und zur Fürbitte um Frieden. Etwa zur gleichen Zeit wurde der Bruchsteinbogen über dem südlichen Durchgang zum Friedhof errichtet. Die Zahl auf dem Bogen ist heute kaum noch zu entziffern.

Die schriftliche Überlieferung im 17. Jahrhundert ist für Muffendorf sehr wenig ergiebig, das „dunkle Jahrhundert“ ist tatsächlich das 17. Jahrhundert mit seinen kriegerischen Zerstörungen.

Die Pachtbriefe des 18. Jahrhunderts

Erst 1715 war es gelungen, die holländische Besatzung aus Bonn zu vertreiben. Die Menschen in Bonn und Umland, schwer gebeutelt durch Krieg und Kontributionen, konnten aufatmen und an neue Investionen denken.

Die ältesten erhaltenen Fachwerkbauten in Muffendorf datieren auf das Jahr 1717. Anscheinend hat das Dorf so lange Zeit benötigt, um sich von den kriegerischen Ereignissen des 17. Jahrhunderts zu erholen.

Erst ab 1711 erscheinen archivalisch wieder Pachtverträge für den Hof des Cassiusstiftes. Die Pachtbriefe des 18. Jahrhunderts liegen in folgender Reihenfolge vor:
Johann Schwingens und Maria Düren, Eheleute, vom 23. März 1711
Diederich Schwingen und Margareth Kicks, Eheleute, vom 8. Mai 1722
Diederich Schwingen und Veronica Maners, Eheleute, 27. Mai 1734
Diederich Schwingen und Margaretha Kicks, Eheleute, 19. Januar 1754
Johan Schwind und Margaretha Ippendorfs, Eheleute, 10. Februar 1760
Johannes Schweingen, 10. Oktober 1763
Diederich Schweingen und Margaretha Kiecks, Eheleute, 1. Februar 1766
Johann Schwingen und Barbara Roelens, Eheleute, 1770 (?)
Johann Schwind und Margaretha Ippendorffs, Eheleute, 2. April 1770
Thomas Lützen und Margaretha Ippendorffs, Eheleute, 9. Februar 1783

Eine wichtige Liste findet sich den Pachtbriefen beigeheftet, die sich deutlich von den Schriftstücken des späteren 18. Jahrhunderts unterscheidet und genauere Hinweise gibt (S. 67 – R). Dies ist eine Liste von 3 Seiten, ohne Datum, Gesamtergebnis ca. 44 Morgen, ohne genaue Vermessung, nur mit Nennung der direkten Nachbarn zu Identifizierung der Stücke, Größenangaben in Morgen oder Arpent (?). Da noch vom Besitz des Junker Büschels (wohl Büchel) die Rede ist, kann es sich um ein Verzeichnis aus dem 16. oder 17. Jahrhundert handeln, wofür auch die Handschrift spricht. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass offenkundig von anderer Hand später nachgetragen wurde, wie die Qualität der Grundstücke war. Viele Stücke waren von mittlerer Qualität, wenige gut.

„Verzeichnis der befindlichen Gütter zu Muffendorff welche seinem hochwürdigen Capitull ihn Bonn zu gehörig wie folgt - 1 festlich hauß und hof auf der gaßen ungefehr 1 1/2 Arpents (?) zuschen (zwischen) Andohn Wasem“. Hier haben wir erstmals einen Beleg dafür, dass sich der Hof des Cassiusstiftes tatsächlich an der Hauptstraße befand. Wenn man nun nach einem Hausgrundstück der Waasems in der Nähe des Schwingengrundstücks sucht, stößt man auf die Nr. 330 der französischen Katasterliste von 1811. Dieses lag nördlich vom Schwingengrundstück etwa dort, wo heute die Hausnummer 31 sich befindet. Noch lange im 19. Jahrhundert hieß der nördlich Teil der Hauptstraße „An Waßem“. Die Waasemstraße in der Verlängerung der Hauptstraße nach Norden zu erinnert noch heute an diese weit verzweigte, wohlhabende Familie. Vor der Zeit der Erstellung der französischen Katasterkarten, also um 1805, lebte Peter Waasem (*3.3.1736†20.3.1818) mit seiner Frau Maria Göddertz (Eheschließung am 24.1.1758) auf dem Hof, der heute die Hausnummer 31 trägt. Voller Stolz markierten die Eheleute den Neubau der Scheune mit dem großen Hoftor auf dem Balken über dem Tor.

Inschrift über dem Hoftor zur Muffendorfer Hauptstr. 31
Abb. 3: Inschrift über dem Hoftor zur Muffendorfer Hauptstr. 31
Auch im Innenhof findet sich in einem Balken die Inschrift: PW  MGW ANO 1805.
Abb. 4: Auch im Innenhof findet sich in einem Balken die Inschrift:
PW MGW ANO 1805.

Das alte Wohnaus erfuhr mehrere Ausbauphasen, die man heute noch an der Fassade ablesen kann. Aus einem kleinen giebelständigen Haus wurde mit der Zeit ein größeres traufenständiges. In den französischen Katasterlisten für 1811 ist als Besitzer ein Jean Waasem eingetragen. Ein Johannes (Jean) Waasem als Kind von Peter und Maria Waasem (geb. Göddertz) findet sich allerdings nicht in den Listen der Täuflinge. Was weiter nicht verwundert, sind die Listen doch nicht vollständig überliefert.

Die Hofanlage kam später in den Besitz der Familie Wessel. Das südliche Nachbargrundstück mit der heutigen Hausnummer 33 gehörte ehemals auch zur Nr. 31 und war eine Scheune, wie die heutige Besitzerin aus der Geschichte des Hauses zu berichten weiß. Das Haus Nr. 31 schaut auf eine lange zurückreichende Geschichte, wahrscheinlich, wie das ältere Güterverzeichnis in der Zusammenschau mit den Listen der Kirchenbücher nahelegt, sogar bis ins 17. Jahrhundert. So viel zunächst zu den Waasems, an die bis heute noch die Waasemstraße erinnert, und die langjährige Pächter der „Alten Burg“ an der Elfstraße gewesen waren. Waasems gehörten zu den wohlhabenden Bauern im Dorf.

Zurück zu den Pachtbriefen: Im Pachtbrief von 1722 ist die Rede von „auf daß die vor oder nach Verlauf benenneter Pachtjahre dies unser Gut abtreten würden, als das Haus, Hof, und Ställe inmaßen mit Fach, Gemach, Fenstern, Türen und schlösserene Turm jetzo eingeraumt sind so wohl, als neben einer beständiger Verzeichnis aller vorgemelten, angehöriger Ländereien wohl geführt überantworten, die Bessereien hierzu gänzlich hinterlassen und davon zumaßen nichts unterschlagen oder verbringen....“ Dies lässt darauf schießen, dass um 1722 zumindest noch ein Turm vorhanden war, der auf ältere Zeiten zurückging. Hierbei handelte es sich möglicherweise um einen Rest jenes „steinernen Hauses“, das im Güterverzeichnis von 1597 vorkommt.

Der Pächter Johannes Schwingen

Über die Ländereien des Muffendorfer Hofes hinaus besaß das Cassiusstift weitere Grundstücke, die einträglich verpachtet wurden. Im letzten Teil der Pachtbriefakte befindet sie ein Quittungsbuch der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, das alphabetisch alle Pächter auflistet und vermerkt, für welchen Acker oder Wingert welche Pacht in welchem Jahr gezahlt wurde. Das Cassiusstift hat insgesamt über umfangreiche Ländereien in Muffendorf verfügt. Die letzten Einträge sind für das Jahr 1792 verzeichnet, danach endet die Buchführung. Für Johann Schwingen als Pächter lagen zwei Pachtbriefe vor, einer aus 1763 und einer aus 1770, wo auch die Ehefrau Barbara Roelens genannt ist. Dieser Johann Schwingen war ein Sohn von Theodor Schwingen, genannt Dietrich, und dessen Ehefrau Veronika Marners oder Maners, die ebenfalls Pächter auf dem Hof gewesen waren in der Zeit, in der ihr jüngster Sohn Johannes auf dem Hof geboren wurde. Die Pächter oder Halbwinner der geistlichen Höfe hatten die Möglichkeit aufgrund ihres höheren Einkommens durchaus weitere Hofstellen zu erwerben und diese wiederum zu verpachten oder für die Nachkommen weiterzugeben. So gehörte dem Johannes Schwingen nachweislich 1759 auch ein alter Hof gegenüber der Kommende an der Hauptstraße.

Da die Pachtbriefe des Cassiusstiftshofes mit dem des Thomas Lützen 1783 enden, ist nicht zu belegen, wann Johannes Schwingen wieder Pächter wurde. Jedenfalls ist er als letzter Pächter in den französischen Versteigerungsakten genannt. Wenn man davon ausgeht, dass Thomas Lützen und seine Frau die zwölf Pachtjahre erfüllt haben, so wurde spätestens im Jahr 1795 ein neuer Pachtvertrag notwendig, der aber in den Akten nicht vorhanden ist. Zu erklären wäre das durch die Wirren nach dem Einmarsch der Franzosen unter Napoleon in Bonn im Jahr 1794. In den Kirchenbüchern von Muffendorf, die freilich nur rudimentär überliefert sind, finden sich im 18. Jahrhundert in Muffendorf drei Personen mit dem Namen Johann Schwingen, mit folgenden Geburtsdaten: 1.1.1719, 8.4.1736, 11.3.1765. Ein Caspar Schwingen findet sich unter dem Geburtsdatum vom 30.1.1767, seine Eltern sind Johannes Schwingen und Clara geb. Schlebusch, die seit dem 24.1.1760 verheiratet waren. Clara starb am 3.4.1793 als Witwe, so dass dieser Johannes Schwingen nicht als Erwerber des Cassiusstiftshofes infrage kommt. Der Großvater Heinrich (31.10.1683†vor 1782) sowie die Urgroßeltern Johannes Schwingen und Maria Düren (verheiratet wahrscheinlich vor 1681) gehörten zu den Pächtern des Cassiusstiftshofes. Der Pachtbrief von 1711 ist ausgestellt auf Johannes und Maria und mit unterschrieben vom Sohn Heinrich.

Der folgende Pachtbrief von 1722 lautet dann auf Diederich Schwingen (Theodor) und dessen Frau Veronika Maners, die Vorfahren des späteren Erwerbers des Cassiustiftshofes.

Der 1719 geborene Johann wäre 1804 bereits 85 Jahre alt gewesen, kommt in den Kirchenbüchern nicht mehr vor und kommt daher wahrscheinlich auch nicht mehr als Erwerber des Hofes infrage.

Der 1736 geborene Johannes Schwingen ist daher der, welcher im Zusammenhang mit dem Cassiusstiftshof interessiert. Dazu später mehr.

Aus den zum Urkataster gehörigen Karten, hier Section ‚B’, geht hervor, dass dem Johann Schwingen 1811 zwei Höfe in Muffendorf gehörten: einmal die Liegenschaft mit der Nr. 303 (Haus) und die Grundstücke 308 und 309 an der Hauptstraße, und der Hof an der Hundsgasse, dem heutigen Helpert, mit der Nr. 938, dazu die Grundstücke mit den Nrn. 932 und 939. Dies war eine auffallend großzügige Liegenschaft mit einem zusammenhängenden Grundstück, was für einen kleinbäuerlichen Betrieb in dieser Zeit in Muffendorf eher ungewöhnlich war. (Abb. 5) Von dem Haus mit der Nummer 938 am Helpert existiert heute keine erkennbar alte Bausubstanz mehr. Allerdings findet sich auf dem Übersichtsplan Tabelle II bei Ehman etwa auf Höhe des späteren Schwingengrundstücks eingezeichnet ein kleines Wohnhaus. In den Detailplänen kommt dieses nicht mehr vor. Ein alter Hof inmitten der Hundsgasse, der seit 1417 dem Allerheiligenspital zu Köln gehörte, findet bei Wiedemann Erwähnung. Und offenbar ist eben dieser Hof in das Eigentum der Familie Schwingen gelangt, denn im Jahr 1817 löst ein Matthias Schwingen eine Rente ab, die seit alters her von dort an den Siegburger Hof zu zahlen war. Diese Liegenschaft ist daher nicht als der Hof des Cassiusstiftes anzusehen, weil der Hof ausweislich der bereits genannten Quelle in der Hauptstraße lag. Bleiben noch zwei Möglichkeiten: Der Hof, der 1759 im Flurkartenatlas gegenüber der Kommende mit „Johann Schwingen“ bezeichnet ist, und der Hof inmitten der Hauptstraße gegenüber der Einmündung des Helpert.

Detail aus Section B
Abb. 5: Detail aus Section B

Die Nr. 303 dieser Liste liegt genau gegenüber der Einmündung des Helperts in die Muffendorfer Hauptstraße und dieses Gebäude ist noch heute erhalten, hat die Hausnummer 39 und besitzt einen sehr schönen Binnenhof. Nördlich anschließend ist Caspar Schwingen (Nr. 304) 1811 als Hausbesitzer genannt. Die Nr. 303, 308 und 309 ergeben eine schöne zusammenhängende, arrondierte Liegenschaft, die gut zu bewirtschaften war. Caspar Schwingen (Nr. 304 des Katasters) hatte dagegen am großen Haus nur ein winzig kleines Stück Garten (Haus Nr. 37, Muffendorfer Hauptstraße). Johann Schwingen gehörte ausweislich des Urkatasters zu den begüterten Bauern in Muffendorf, dem es gelungen war, große Grundstücke in direkter Hoflage am sog. „Zehnthof“ zusammenzukaufen bzw. zusammenzuhalten.

Das Eckhaus Nr. 35 (Katasternr. 305) an der Gringsstraße gehörte laut der Liste im Jahr 1811 dem Heinrich Schwind(t) (*vor 1731†7.4.1814), dessen Mutter Catharina Schwingen war. Möglich wäre, dass dieser Heinrich Schwind von den vormaligen Pächtern des Cassiusstiftshofes mit Namen Schwind abstammte, ebenso wie dessen Mutter Catharina Schwingen offenkundig aus der Schwingen-Familie stammte. Dies wiederum eröffnet die Möglichkeit, dass die Hausnummern 35 und 37 ehemals den ursprünglichen Cassiusstiftshof gebildet haben. Dafür spricht auch der Hinweis auf den Nachbarn Waasem an der Gaßen, der etwa dort sein Haus hatte, wo sich heute die Nr. 31 befindet.

Später ging dieses Gebäude an der Ecke Gringsstraße (Nr. 35) ebenfalls in das Eigentum der Familie Brenig über, die das alte Fachwerkhaus nach 1927 durch ein Sockelgeschoss aufstocken liess (s.u.). (Abb. 6)

Eckhaus Nr. 35 vor der Aufstockung
Abb. 6: Eckhaus Nr. 35 vor der Aufstockung

Der Flurkartenatlas des Mathias Ehmans

Zunächst aber zu einer anderen Spur der Geschichte des Hofes zu Muffendorf: Im Jahre 1759 ließ der Landkomtur des Deutschen Ordens Ignaz Felix von Roll (*1719 †24.7.1795) die Liegenschaften, die zur Muffendorfer Kommende gehörten, vom Landmesser Mathias Ehmans vermessen und aufzeichnen. Eine ausführliche Würdigung dieses umfangreichen Materials hat Herbert Strack in den Godesberger Heimatblättern 25 (1987) geleistet: „Mathias Ehmans Flurkartenatlas ‚Besitzungen der Comthurey zu Muffendorf’ von 1759“. (S. 49ff.) Dieses Güterverzeichnis stellt nicht nur die Liegenschaften des Deutschen Ordens in Muffendorf anschaulich zusammen, sondern an zahlreichen Stellen sind eben falls die Namen der Inhaber der Nachbargrundstücke verzeichnet. Brachflächen und Wasserläufe sind gut zu erkennen, so dass der heutige Betrachter sich ein recht anschauliches Bild von Muffendorf im 18. Jahrhundert machen kann. Zahlreiche Hinweise finden sich im Flurkartenatlas auch zu Grundstücken des Cassiusstiftes, die hier „Capitul zu Bonn“ genannt sind.

Eine systematische Kartierung hat im Rheinland erst mit der Franzosenzeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts eingesetzt. (Zur Geschichte der Kartierung im Rheinland siehe: Recker, Gabriele: Von Trier nach Köln 1550 – 1850, Kartographiehistorische Beiträge zur historisch-geographischen Verkehrswegeforschung – Betrachtungen zum Problem der Altkarten als Quelle anhand eines Fallbeispieles aus den Rheinlanden, Rahden/Westf. 2003) Daher sind die wenigen Flurkartenatlanten des 18. Jahrhunderts im Rheinland besonders interessante Quellen auch für die Siedlungs- und Wirtschaftsgeschichte. Diese stellen eine Momentaufnahme der vormodernen Zeit dar, jene - das Urkataster von 1811 - zeigt den Zustand nach Auflösung der großen Güter und die Zersplitterung bzw. Veränderung der Grundstücksgrenzen am Beginn der modernen Landwirtschaft. Nun waren auch dem kleinen Ackerer Möglichkeiten erschlossen, Grundstücke zu kaufen, zu arrondieren und damit ertragreicher wirtschaften zu können. Dazu kam etwas später noch die Aufhebung des Flurzwangs – sozusagen der Urknall der modernen Landwirtschaft. Man geht allgemein davon aus, dass 40 Prozent des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens einer Besitzumschichtung im Zuge der Säkularisation unterlagen. Die Welt vor der Säkularisation war eine vollkommen andere als die nach der Säkularisation. Sie war der Paukenschlag, der die Moderne im Wirtschaften auslöste.

Über Mathias Ehmans, den Landvermesser selbst, finden sich nur wenige Angaben bei Strack. Daher hier einige ergänzende Hinweise. Geboren wurde Ehmans in Rheidt (*ca. 1720) und war tätig bis ca. 1765, wie sich aus den erhaltenen Planunterlagen in den beiden wichtigen Archiven (Landesarchiv NRW, Abt. Rheinland und Historische Archiv der Stadt Köln) ergibt. „Im 18. Jahrhundert, genauer etwa zwischen 1740 und 1770, arbeiteten neben Mathias Ehmans auch die Geodäter Christian Ehmans und Franz Ehmans am Mittel- und Niederrhein. Alle drei standen im Dienste Kurkölns. Bisher sind rund elf Atlanten und ca. 40 Einzelblätter von ihnen bekannt. Der weitaus überwiegende Teil entfällt dabei auf Mathias Ehmans.“ (Auler 1995, S. 29) In den rheinischen Archiven finden sich zahlreiche Pläne, die von der Familie Ehmans (Mathias, Franz und Christian) hergestellt worden sind. So lassen sich in zeitlicher Abfolge folgende Planunterlagen finden:

1742: Vermessung des Bruderstücks der Fischerei-Bruderschaft zu Bergheim an der Sieg (heute Troisdorf-Bergheim)
1742: Balgheimer Hof bei Dormagen
1745: Rittersitz und Haus Vilkrath
1750: Vermessung des adeligen Hofes Johann und Cordula in Brühl
1750: Vermessung des Ivinghofer Hofes (Domkapitel), Brauweiler
1751: Zollfeste Zons
1751: Rittersitz Heckhof bei Stürzelberg
1752: Tätigkeit Dirmerzheim (bei Lechenich), Liblar, Burg Konradsheim
1752: Delhovener Blechhof
1755: Rott-Zehnte im Unteramt Löwenberg (Kurfürst von Köln)
1756: Vermessung der Grenzen zwischen Kurköln und Herzogtum Berg bei Vilich und Meindorf
1757: Vermessung der Ländereien des Kölner Doms in Worringen (Werder Hof und Worringer Broich)
1757: Vermessung des kurfürstlichen Tannenbuschs bei Dransdorf
1758: Vermessung des Starken- oder Broichischen Hofes in Widdig (Bornheim-Widdig)
1759: Vermessung der Ländereien der Kommende Muffendorf
1759: Vermessung der Straße von Hermülheim nach Köln
1760: Zeichnung von Haus Traar, Krefeld
1761-63: Vermessung der Liegenschaften des Deutschen Ordens in Hürth-Hermülheim
1761: Ländereien des Deutschen Ordens in Elsen bei Grevenbroich
1765: Vermessung der Grenzen Amt Blankenberg.

Insbesondere für den kurfürstlichen Hof, das Kölner Domkapitel und den Adel waren die Ehmans tätig. Eben für die Klientel, die sich die Vermessung ihrer Güter leisten konnte und die ein Interesse an der Vermessung hatten.

Detail aus dem Flurkartenatlas zur Muffendorfer Kommende, zwei Reiter, die Vermesser-Brüder Ehmans?
Abb. 7: Detail aus dem Flurkartenatlas zur Muffendorfer Kommende, zwei Reiter, die Vermesser-Brüder Ehmans?

Herbert Strack hat festgestellt, dass die Planunterlagen für die Muffendorfer Liegenschaften als äußerst zuverlässig anzusehen sind. (Zur Familie Ehmans siehe: Auler, Jost: Mathias Ehmans (geboren ca. 1720), in: Lebensbilder aus dem Kreis Neuss, Kreisheimatbund Neuss e.V. 1995, S. 29ff.) Dafür spricht auch dieser Befund: Auf den Muffendorfer Plänen der Ehmans findet sich sowohl auf Tabelle I wie auf Tabelle II ein Grundstück bezeichnet mit dem Namen Joann / Johann Schwingen. Dieses Grundstück befand sich westlich gegenüber den Wirtschaftsgebäuden der Kommende gelegen. Nördlich daran schlossen sich zwei kleinere Hofstellen oder Grundstücke an. Die drei Grundstücke sind die einzigen Grundstücke an der damaligen „Gassen“ gelegen, die durch Namen der Eigentümer / Pächter gekennzeichnet sind. Von Süden beginnend: Johann Schwingen, Corschen-Ippendorff, Johann Jonens. Nach Westen sind diese Grundstücke eingerahmt von den Obstgärten, die in der zugehörigen Beschreibung des Planes mit den Nrn. 84 und 85 gekennzeichnet sind, als der „große Baumgart Helpert“ (84) und „Helperts Garten“ (85) vor der „Comendt-Pforten längs Johann Schwingen“.

Die verstreuten Liegenschaften des Cassius-Stiftes rund um Muffendorf sind jedenfalls teilweise aus den Tabellen des Mathias Ehmans zu entnehmen, wenn dies auch nur Nebeneffekte seiner Aufmaße für die Kommende des Deutschen Ordens gewesen sind. In der Zusammenschau mit dem französischen Urkataster lassen sich aber zahlreiche Erkenntnisse gewinnen. (Abb. 8)

Über den Feldern 24-26  im Pennenfeld findet sich z.B. das „Capitul zu Bonn“
Abb. 8: Über den Feldern 24-26 im Pennenfeld findet sich z.B. das „Capitul zu Bonn“

Was der Flurkartenatlas auch deutlich zeigt, ist der Sachverhalt, dass die Zersplitterung der großen geistlichen Grundbesitze im Dorf um 1759 noch nicht in großem Stile eingesetzt hatte, wenn auch die Verhältnisse der Grundstücksgrenzen im Pennenfeld uns heute kaum übersichtlich erscheinen und Lücken aufweisen. Diese Lücken sind möglicherweise auch dadurch zu erklären, dass es teilweise sumpfiges Land (Altrheinschwemmland) war, das nicht zu bestellen gewesen ist. Aber es zeigt sich an Ehmans Karten deutlich, dass dem Cassiusstift erhebliche Ländereien im Pennenfeld gehörten, wie dies sich auch im oben zitierten Pachtvertrag von 1435 andeutet („12 Morgen Artland im Muffendorfer Feld“). „Muffendorfer Feld“ ist eine andere, ebenfalls gebräuchliche Bezeichnung für das Pennenfeld.

Der Hof im 19. Jahrhundert

Die zehn Jahre von 1794 bis 1804 waren im wahrsten Sinne des Wortes für das Rheinland von revolutionärem Charakter. Allerdings war es eine „Revolution von oben“, die insbesondere ab 1798 durch den französischen Regierungs-Kommissar François-Joseph Rudler (*1757-†1837) bewerkstelligt wurde. „Am 26. März [1798] publizierte er die die gesetzlichen Bestimmungen, die in Frankreich seit der denkwürdigen Nacht vom 4./5. August 1789 erlassen worden waren, um dort das Feudalsystem aufzuheben, die Feudalrechte und Zehnten abzuschaffen, die Bauernbefreiung durchzuführen, und – am 19. Juni 1790 – den erblichen Adel zu beseitigen, ebenso wie das Gesetz vom 17. Juni 1791, durch das alle handwerklichen und gewerblichen Zünfte und Körperschaften aufgehoben wurden und die Gewerbefreiheit durchgeführt wurde. Es gab fortan auf dem linken Rheinufer keine ständischen Unterschiede und keine abhängigen Bauern mehr, sondern nur ein einheitliches Staatsbürgertum...“. (Ennen/Höroldt 1968, S. 147, 148) Folgerichtig kam es 1802 zum nächsten Schritt, der Auflösung der Klöster und der Einziehung der großen Güter. (Umfangreich und in die Tiefe gehend dazu: Mölich, Oepen, Rosen: Klosterkultur und Säkularisation im Rheinland, Essen 2002)

Der Hinweis auf ein Grundstück des Johann Schwingen bei Ehmans ist in unserem Zusammenhang besonders interessant, ebenso wie die Hinweise auf die Grundstücke des Cassiusstiftes zu Bonn im Pennenfeld. Denn im Rahmen der Säkularisation wurden die kirchlichen Güter in Muffendorf versteigert bzw. verkauft. Zunächst erfolgte die Einziehung der Klöster und „am 30. Juni 1802 wurden die Klöster versiegelt, der Besitz- und Vermögensstand wurde festgestellt, Veränderungen hieran durften nicht mehr vorgenommen werden“. (Schloßmacher Gesch.-Bl. 2004, S. 205) Man darf sich die Vorgänge rund um die Einziehung der kirchlichen Güter wohl recht chaotisch vorstellen. Zahlreiche Ordensschwestern und –brüder, die kaum eine Abfindung erhielten, mussten sich in die Obhut wohlgesonnener, mildtätiger Mitmenschen begeben, weil sie buchstäblich nichts mehr zum Leben hatten und auf Almosen angewiesen waren. Kirchenschätze und Kirchenbibliotheken gelangten auf den Markt und manche illuminierte Handschrift landete als Einpackpapier auf dem Fischmarkt oder wurde als Rohmaterial für Bucheinbände benutzt. Die Lebenserinnerungen des Kunstsammlers und Kaufmanns Sulpiz Boisseree (*1783-†1854) aus Köln geben ein recht getreues Bild von den Zuständen in und um Köln.

Die Versteigerung von genau vier Gütern in Muffendorf im Zuge der Säkularisierung durch die Napoleonische Verwaltung ist archivalisch durch die Bestände der Präfektur des Rhein- und Mosel-Departements zu Koblenz und der Bezirksregierung Koblenz belegt. (Vgl. Schieder, Teil I, S. 56) Die Güter sind eindeutig voneinander zu unterscheiden, es handelt sich um die Liegenschaften des Deutschen Ordens mit der Kommende, um die Wattendorfer Mühle (Abtei St. Michael Siegburg), den Siegburger Hof (Abtei St. Michael Siegburg) und um den Hof des Münsterstiftes in Bonn (St. Cassius). Somit ist eindeutig geklärt, dass nur ein einziger Hof für unsere Fragestellung von Interesse ist, der Cassiusstiftshof. Laut den Listen der Präfektur wurde am 5. Januar 1804 ein Hofgut in Muffendorf versteigert. Das Hofgut bestand aus einem Haus, einer Scheune, Stallungen, einer Kelter, 3,90 Hektar Acker (11) , 1,22 Hektar Weinberg (4), 0,10 Hektar Wiese. Pächter war „Cultivateur“ Johann Schwingen aus Muffendorf, der Pachtzins betrug 210 Francs.

Weinpresse des 18. Jahrhunderts (Baumkelter) im alten Ockenfelser Kelterhaus, das sich heute im LVR-Freilichtmuseum in Kommern (Mechernich-Eifel) befindet
Abb. 9: Weinpresse des 18. Jahrhunderts (Baumkelter) im alten Ockenfelser Kelterhaus, das sich heute im LVR-Freilichtmuseum in Kommern (Mechernich-Eifel) befindet

Der Hof wurde zum Schätzpreis von 2.500 Franken angeboten. Der Erlös betrug 5.125 Francs, also gut das Doppelte des Schätzpreises. Käufer war Johann Schwingen aus Muffendorf, allem Anschein nach also einer der bisherigen Pächter, genauer gesagt der wohl letzte Pächter, der sich zum Kauf eines Vermittlers bedient hatte namens Peter Josef Impekoven aus Bonn. (Quellenangaben nach Schieder 1991: LHK (Landeshauptarchiv Koblenz), Bestand 256, Nr. 9939/10150)

Im Bonner Münsterarchiv findet sich zu dem Muffendorfer Gut innerhalb der Akten zu den „Verhandlungen etc. betr. Die in der Franzosenzeit verlorenengegangenen Güter 1816 f.“ o.P. nur ein kurzer Hinweis: „Der Hof zu Muffendorf – Bestands in Äcker, Weingärten
Pächter: Johann Schwingen, Thomas Lützen
Pacht: 18 Malter Korn, 8-10 Ahm Wein zur Halbschied
- Ist verkauft“
. (Nr. 1589)

Die wirtschaftliche Situation der Halbwinner schildert der Bonner Chronist Jakob Müller sehr anschaulich im Sommer 1803: „nie [hat man] einen solchen Staat in Kleidern, Hausmöbeln, zum Beispiel überzogenen Stühlen, Commoden und großen Spiegeln usw. gesehen wie dermalen bei den Kriegszeiten in den Häusern der Halbwinner und sonstigen reichen Bauern, die ihre Früchte, Butter und Gemüse, Eier etc. sehr teuer anbringen und herrschaftliche Güter für 20-30000 Gulden kaufen können...“ (zitiert nach Ennen/Höroldt 1968, S. 157)

In den meisten Fällen wurden die Nationalgüter allerdings von einer städtischen Oberschicht, also den traditionell vermögenden Führungsschichten, erworben, die die Ländereien zu Spekulationsgeschäften nutzten und damit ihren Reichtum und Einfluss mehrten. Dass die ehemaligen Pächter bei den Versteigerungen zum Zuge kamen, das scheint eher für die materiell weniger bedeutenden Güter zuzutreffen. Die Beispiele des Cassiusstiftshofes und des Siegburger Hofes zeigen aber, dass auch die Bauern, vornehmlich die ehemaligen Halbwinner, die Chance hatten, Güter zu erwerben.

Zweirädriger Karren mit Weinfässern, das Haupttransportmittel bis ins 20. Jahrhundert hinein (LVR-Freilichtmuseum Kommern, Mechernich-Eifel)
Abb. 10: Zweirädriger Karren mit Weinfässern, das Haupttransportmittel bis ins 20. Jahrhundert hinein (LVR-Freilichtmuseum Kommern, Mechernich-Eifel)

Bei der Frage, um welchen Pächter und späteren Käufer des Cassiusstiftshofes es sich gehandelt hat, kann die genealogische Forschung von Inge Köllen weiterhelfen, die die Kirchenbücher und Personenstandsregister ausgewertet hat. (WgfF-6 (WgfF-CD Vol. 10), 2012 (Westdeutsche Gesellschaft für Familienkunde)) Der Käufer des Hofes wird wohl der am 8.4.1736 in Muffendorf geborene Johannes Schwingen gewesen sein, der in erster Ehe mit Barbara Roelens und in zweiter Ehe seit etwa 1782 mit Maria Katharina Wallraf (wohl *19.9.1747) verheiratet gewesen ist. Johannes Schwingen hatte also 1782 in den „Zehnthof“ (Nr. 39) eingeheiratet. Aus seinen beiden Ehen gingen zusammen 12 Kinder hervor. Johannes Schwingen starb im Alter von fast 78 Jahren am 1.4.1814 in Muffendorf. Diese zweite Ehe würde auch erklären, wie das ehemalige Wallrafsche Haus von 1717 (Nr. 39) in den Besitz der Schwingens gelangte, wie dies die französischen Karten und Listen belegen. Jedenfalls finden sich in dem französischen Listen keine Hinweise auf eine Liegenschaft der Familie Wallraf neben den Häusern der beiden Schwingens. Der Grund, warum Schwingen sich eines Vermittlers bedient hatte, mag darin gelegen haben, dass er die zahlreiche Verwandtschaft zunächst in Unwissenheit um sein Engagement halten wollte, um Irritationen zu vermeiden. Die Schwingens lebten ja alle sehr nah beieinander im Dorf, so dass eine gewisse Diskretion verständlich gewesen wäre. Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, dass auch die Schwingens, Caspar und Johannes, ein Konsortium gebildet hätten, um die Liegenschaft gemeinsam erwerben zu können.

Zu der Frage, wie die Flächen der Ländereien gemessen wurden, ergibt sich eine erhebliche Unsicherheit. In den erhaltenen Pachtbriefen des 18. Jahrhunderts ist von einer Gesamtfläche von 11 Morgen im Pennenfeld und weiterem Streubesitz die Rede. Bei 5,22 ha, wie in den Veräußerungslisten von 1804 angegeben, hätten nach Schieders Umrechnung 34,5 Morgen (1 Morgen = 0,318 ha) den Besitzer gewechselt. Da in den Aufzeichnungen zur Veräußerung die Zahl „11“ für die Gesamtackerfläche aufscheint, gibt es aber eine Übereinstimmung mit den Pachtbriefen des 18. Jahrhunderts, wo ebenfalls von 11 Morgen die Rede ist. Diese Wiedersprüche lassen sich bisher nicht eindeutig aufklären. Auch wenn beide Zahlen jeweils einen historisch belegten Kern in sich tragen. Die 34,5 Morgen entsprechen ungefähr jenen 30 Morgen, die im 12. Jahrhundert dem Cassiusstift übertragen wurden. Die Differenz könnte sich aus den veränderten zugrunde liegenden Maßeinheiten ergeben haben oder durch Zukäufe.

1811 gehört das ehemalige Schwingengrundstück gegenüber der Kommende (Ehmans 1759), laut dem französischen Kataster Nr. 1186/87, bereits dem Anton Schwind, der mit der ältesten Tochter Gertrud des Johannes Schwingen aus erster Ehe verheiratet war, die also wohl den kleinen Hof gegenüber der Kommende als Mitgift erhalten hatte.

Welche Möglichkeiten zur Arrondierung durch Kauf oder Tausch sich durch den Verkauf der Nationalgüter ergeben haben, das kann man heute nur erahnen, zumal die Grundbücher des 19. Jahrhunderts außerordentlich unübersichtlich sind wegen zahlreicher Streichungen und Überschreibungen. Die Bauern und Ackerer haben untereinander getauscht und gehandelt, und auch ihre Kinder planvoll verheiratet, immer mit dem Ziel, möglichst zu arrondieren, so dass im Laufe des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts die Zersplitterung teilweise wieder zurückgeführt wurde. Dies im Einzelnen nachzuvollziehen ist kaum möglich.

Die französischen Katasterlisten

Für den Fall des Johann Schwingen ist aber zumindest eine Auflistung der Ländereien möglich. Dem Johann Schwingen gehören 1811 zahlreiche Grundstücke, die eindeutig zuzuordnen sind, denn es gibt in dieser Zeit nur einen Johann Schwingen im Dorf, der sich unter „Schwingen, Jean“ in den französischen Listen des französischen Katasters findet. Grundlegende und sehr hilfreiche Aufschlüsse des französischen Katasters hat wiederum Herbert Strack geliefert: „Auszüge aus den Ur-Flurbüchern der Gemeinde Muffendorf vom 8.11.1811“ (VHH).

Hier die Grundstücke:
Section A
Am Zwieges Graben Nr. 116: 1 Arpent, 0,57 Perchen, 78 Quadratfuß (also mehr als 3 Morgen zusammenhängend) (Acker)
An der Bleymaar: Nr. 124: 24 Perchen, 26 Quadratfuß (Acker)
Unter den 14 Morgen: Nr. 174, 41 Perchen, 58 Quadratfuß (Acker)
Über der Morschmarr: Nr. 202, 32 Quadratfuß (Acker)
An den 14 Morgen: Nr. 213, 26 Perchen, 68 Quadratfuß (Acker)
Unter der Enger Gassen: Nr. 248, 1 Perchen, 98 Quadratfuß; Nr. 253, 5 Perchen, 34 Quadratfuß (Acker)
Auf’m Gug: Nr. 309, 29 Perchen, 84 Quadratfuß (Acker). (Zu vermutlich diesem Besitz findet sich im Güterverzeichnis von 1597 folgender Eintrag: „Item ein ortt Landtz uff dem Juegh gelegen nach Bon zu langer die Teutsche herren nach Moffendorf die Teutsche Herren nach Mehlem Junffer Magdalen Buchels (?) nach dem Rhein M (Meister?) Arndtt Goldtschmied (S. 63-R) heltt in die breidt nach Moffendorff vier roden vier füeß die breidt nach dem Rhein zu vier roden sieben füeß die langede vom Rhein nach Moffendorff fünftunddreißigste halbe rode macht (?) – Einen halben morgen ein drittehalb rode“
„Juegh“ könnte eine Bezeichnung sein, die aus dem Lateinischen stammt. „Jugera“ „Jugerum“ = ein Morgen Land, siehe Krünitz-Lexikon. Stichwort Morgen (Acker). Diese Bezeichnung Juegh könnte durchaus darauf hinweisen, dass an dieser Stelle bereits in der Antike ein Acker lag. In den Listen des französischen Katasters finden sich hier einige auffallend große zusammenhängende Stücke.
An der Landstraße: Nr. 330, 9 Perchen, 42 Quadratfuß (Acker)
Im Bennenfeld: Nr. 385, 386, 54 Quadratfuß, 13 Perchen, 54 Quadratfuß; Nr. 393, 8 Perchen, 12 Quadratfuß (Acker)

Section B
Closter Berg:
Unter der Höcken: Nr. 1, 58 Quadratfuß; Nr. 6, 8 Perchen, 22 Quadratfuß; Nr. 29, 7 Perchen, 38 Quadratfuß (Weinberg)
Auf der Höcken: Nr. 53, 54, 3 Perchen, 20 Quadratfuß (Weinberg), 7 Perchen, 92 Quadratfuß; Nr. 409, 1 Perchen, 10 Quadratfuß (Weinberg)
Im Katzen Garten: Nr. 95, 1 Perchen, 76 Quadratfuß (Weinberg)
Im Stein Weingarten: Nr. 163, 1 Perchen, 16 Quadratfuß (Weinberg); Nr. 166, 86 Quadratfuß (Weinberg); Nr. 169, 1 Perchen,42 Quadratfuß (Weinberg)
In der Proffen: Nr. 228, 98 Quadratfuß (Weinberg)
Oben in der Proffen: Nr. 303, 3 Perchen, 50 Quadratfuß (Haus); Nr. 308: 3 Perchen, 02 Quadratfuß (Gemüsegarten) (Das ist heute der Hof des Weinhäuschens und das alte Brenig-Häuschen gegenüber der Einmündung des Helpert gelegen), 309
Am Waßem: Nr. 332, 2 Perchen, 18 Quadratfuß (Obstgarten); Nr.363, 1 Perchen, 32 Quadratfuß (Weinberg)
An der Waßems Gasse: Nr. 422 1 Perchen, 74 Quadratfuß (Weinberg)
Auf der kahl Erd: Nr. 477, 1 Perchen, 94 Quadratfuß (Weinberg); Nr. 485: 1 Perchen, 06 Quadratfuß (Weinberg)
Im Etzental: Nr. 609, 39 Perchen, 16 Quadratfuß (Acker) (das war der größte Acker im Etzental)
Die unterste Hundsgaß: Nr. 932, 19 Perchen, 04 Quadratfuß (auch ein sehr großes zusammenhängendes Stück, das größte an der Nordseite des Helperts), zusammen mit Nr. 938 (Haus) und 939 (Garten), 2 Perchen, 50 Quadratfuß und der Garten hatte 1 Perche, 66 Quadratfuß

Section C
Lyngsberg
Auf der Körren Wiesen: Nr. 8, 11 Perchen, 32 Quadratfuß (Obstgarten) (nur der Weinberg von G. Schmitz in dieser Lage war größer)
Hinter Körres: Nr. 29, 20 Perchen, 42 Quadratfuß (Weinberg), Nr. 34, 2 Perchen, 24 Quadratfuß (Weinberg)
Im Kirchweinberg: Nr. 154, 8 Perchen, 52 Quadratfuß (größter zusammenhängender Weinberg in dieser Lage)
An der Hohlen Gasse: Nr. 395, 2 Perchen, 11 Quadratfuß (Weinberg)
Im Keller Weingarten: Nr. 510, 4 Perchen, 06 Quadratfuß (Weinberg) (in dieser Lage wieder größtes Grundstück)
Am Lehnpütz: Nr. 662, 10 Perchen, 06 Quadratfuß (Acker)
Am Löngsberg: Nr. 684, 23 Perchen, 44 Quadratfuß (Acker)
Im Hoppen Thiergarten: Nr. 369, 4 Perchen, 56 Quadratfuß (Niederwald); Nr. 376, 2 Perchen, 48 Quadratfuß (Niederwald); Nr. 379, 1 Perche, 44 Quadratfuß (Niederwald); Nr. 380, 4 Perchen, 24 Quadratfuß (Niederwald)
An der Fuderbach: Nr. 408, 20 Perchen, 40 Quadratfuß (Niederwald); Nr. 414, 29 Perchen,58 Quadratfuß (Niederwald)
Am Schäffers Pützchen: Nr. 590, 29 Perchen, 64 Quadratfuß (Niederwald)
Section E – Kirchelsberg:
Auf der Höllen: Nr. 109, 7 Perchen, 65 Quadratfuß (Niederwald)
Im Faechel: Nr. 220, 11 Perchen, 90 Quadratfuß (Niederwald)
Auf der Ganz Wies: Nr. 473, 7 Perchen, 76 Quadratfuß (Wiese)
Auf’m Linzen Acker: Nr. 558, 20 Quadratfuß (Wiese); Nr. 571, 1 Perche (Wiese)
An der Alleen: Nr. 682 7 Perchen, 40 Quadratfuß (Niederwald); Nr. 806, 16 Perchen, 70 Quadratfuß (Niederwald)
Im Rosiefen: Nr. 723, 11 Perchen, 46 Quadratfuß (Wiese); Nr. 731, 29 Perchen, 56 Quadratfuß (Niederwald)

Die Häuser des Johann Schwingen hier noch einmal:
Auf der Gassen:
Flurstück 303: 350 qm (heute Hof des Weinhäuschens und das alte Brenighaus mit Nebengebäuden)
Schwingen, Jean (Nr. 303) und Schwingen Caspar (Nr. 304, heute Weinhäuschen) liegen nebeneinander.

Die unterste Hundsgass (heute Am Helpert): Die unterste Hundsgaß: Nr. 932, 19 Perchen, 04 Quadratfuß (auch ein sehr großes zusammenhängendes Stück, das größte an der Nordseite des Helperts), zusammen mit Nr. 938 (Haus) und 939 (Garten), 2 Perchen, 50 Quadratfuß und der Garten hatte 1 Perche, 66 Quadratfuß
Flurstück 938: 250 qm

Die Maßeinheiten des Französischen Urkatasters galten wie folgt:
1 Arpent: = 1 Hektar = 3 Morgen, 23 Quadratruten, 51 Quadratfuß
1 Perche = 1 Ar = 4 Quadratruten, 73,1/2 Quadratfuß
1 Meter = 4,3/4 Fuß.

Die Häuser sind laut Karte Section B eindeutig zu identifizieren.

Ausschnitt aus den französischen Katasterunterlagen zu Muffendorf, Sektion „B“ von 1810
Abb. 11: Ausschnitt aus den französischen Katasterunterlagen zu Muffendorf, Sektion „B“ von 1810

Aufschlussreich ist der Ausschnitt aus der französischen Katasterkarte von 1810 auch in anderer Hinsicht. In der Mittelachse von unten nach oben verläuft die Hauptstraße, rechts davon die große farbig angelegte Fläche ist die Kommende, links sieht man die Reihung der kleineren Höfe, die an der Straße entlang eng aneinander geschmiegt liegen. Die Grundstücke der kleinen Höfe sind z.T. zu kleinsten Einheiten parzelliert. Auf der französischen Katasterkarte ist das gut zu erkennen. Die Hofstücke entlang der Hauptstraße scheinen etwa gleichzeitig und systematisch aus den beiden größeren Stücken links herausgetrennt worden zu sein. Für unseren Zusammenhang interessant sind die Grundstücksnummern: 1163, 1164 und 1180 bis 1190. 1163 und 1164 sind dem Erwerber der Kommende zugeordnet: Gottfried Schmitz aus Köln. 1186 und 1187 sind dem Anton Schwind zugeschrieben. 1188 bis 1190 wiederum dem Gottfried Schmitz. So dass eindeutig zu erkennen ist, dass die großen Grundstücke zur Kommende gehörten und als Gemüse- und Obstgärten bezeichnet werden. Entlang der Pützgasse (heute Klosterbergstraße) stand ein größeres Gebäude, das später niedergelegt wurde und das ebenfalls zum Bestand der Kommende gehörte. Dabei handelte es sich möglicherweise um Gärtnerhäuser. In der Verlängerung dieses Gebäudes nach Westen zu stand noch bis in die 1930er Jahre hinein ein riesiger Maulbeerbaum, der mehr als 12 Meter hoch gewesen muss. Die längste hölzerne Leiter des Nachbarn, die 12 Meter lang war, reichte nicht aus, um die Krone des Baumes zu erreichen, so erinnerte sich ein Augenzeuge. Wann der Baum gefällt wurde, ist nicht bekannt. Da Maulbeerbäume aber sehr langsam wachsende Bäume sind und eher ausladende, breite Kronen entwickeln, muss es sich bei diesem Exemplar um einen sehr alten Baum gehandelt haben.

In der Abtei Brauweiler bei Köln steht der „Tausendjährige Maulbeerbaum“, der laut der örtlichen Tradition bereits 1024 dort gestanden haben soll, so dass die Kaisertochter Mathilde unter seiner Krone den Entschluss gefasst haben soll, dort ein Kloster zu gründen. Die älteste Erwähnung des Maulbeerbaumes geht allerdings auf das Ende des 17. Jahrhunderts zurück, so dass die ältere Geschichte des Baumes nur über die mündliche tradierte Geschichte zu erschließen ist. Obwohl die preußische Regierung sich 1917 und 1921 ausdrücklich um die Erhaltung alter Maulbeerbäume in Deutschland bemühte, ist der Muffendorfer Baum nach den 1940er Jahren verschwunden.

Das ehemalige Grundstück des Johann Schwingen, das neben dem Obstgarten der Kommende lag, scheint ausweislich der Karten zwischen 1759 (Ehmans Flurkarte) und 1811 (Urkataster) neu parzelliert worden zu sein. Allerdings sind die Pläne Ehmans widersprüchlich: auf Tab. I erscheinen an dieser Stelle drei Grundstücke, namentlich gekennzeichnet: Johann Schwingen, Corschen-Ippendorf, J. Jonen. In der Tab. II ist Jonen nicht mehr aufgeführt, dafür ist die Parzelle von Corschen-Ippendorf mit einem Haus bebaut dargestellt. Möglicherweise hatte sich in der Zeit, die das Zeichnen und Messen in Anspruch nahm, bereits eine Veränderung auf diesen Parzellen ergeben.

Auf dieser Parzelle von Johann Schwingen (1759) hat ein giebelständiges Fachwerkhaus gestanden, das einen datierten Balken enthielt, dessen erste beiden Ziffern „17“ lauteten. Der Balken ist später wieder verwendet worden und befindet sich nicht zugänglich eingebaut in dem Gebäude von 1910. Für den Neubau von 1910 ist der Fachwerkbau aus dem 18. Jahrhundert leider abgerissen worden, weil er 1910 in sehr schlechtem baulichem Zustand war. Die gut erhaltenen Hölzer sind wiederverwertet worden. So ist auch die alte Basaltbruchsteinmauer, die in Ost-West-Richtung verlief, niederlegt worden, um das Grundstück nach Süden zu erweitern. Die Basaltsteine sind später für die Fundamente der Scheune und des Wohnhauses verwendet worden, ein Rest der Mauer steht noch als Gartenbegrenzung im Hof.

Jedenfalls gehörten die Grundstücke Nr. 1186 (bebaut mit einem Haus) und Nr. 1187 (Obstgarten) laut den französischen Katasterlisten bereits 1811 dem Anton Schwind(t)(*23.5.1757†29.4.1817), der seit 1789 mit Gertrud Schwingen (*27.11.1764†15.5.1833), verheiratet war und dessen Nachfahrin Christina Schwind (*22.6.1849), verheiratete Schreiber, bis 1920 auf dem Hof lebte. Gertrud Schwingen war eine Tochter des langjährigen Pächters des Cassiusstiftshofes, Johannes Schwingen, und sie war die Großmutter von Christina Schwind. Die Eltern von Christina Schwind waren Johannes (*1.2.1801†22.11.1863) und Apollonia Schwind (geb. Waldbröhl aus Lannesdorf), die um 1834 geheiratet hatten.

Das einzige Argument, das dafür spricht, dass es sich hier um den Hof des Cassiusstiftes handeln könnte, das über den Namen ‚Johannes Schwingen’ hinaus geht, ist der Hinweis darauf, dass die drei anderen wichtigsten Güter in Muffendorf in direkter Nachbarschaft zueinander gelegen haben: die Kommende, der Siegburger Hof und die sog. Alte Burg. Der Hof des Johann Schwingen an der Kommende hätte somit auch in privilegierter Lage diese Liegenschaften ergänzt. Dagegen spricht, dass der Hof wie aus dem Grundstück der Kommende herausgeschnitten wirkt. Das wiederum spricht gegen die Vermutung, dass es sich hier um den seit dem Mittelalter bestehenden Hof des Cassiusstiftes handeln könnte. Da als Eigentümer bereits 1759 Johannes Schwingen eingetragen war, handelt es sich wahrscheinlich um einen kleinen Hof, den die Schwingens unabhängig von der Pacht des Cassiusstiftshofs, als Eigentum besaßen. Es besteht aber ebenfalls noch die Möglichkeit, dass die Beschriftung von 1759 eben nur den Pächter nannte, weil der Vermesser keinen Wert auf Genauigkeit der Zuschreibung von anderen Liegenschaften legte, und die rechtmässigen Eigentümer, das Cassiusstift, mangels Kenntnis der Zusammenhänge verschwiegen hat.

Detail aus dem Ehmanschen Flurkartenatlas Tab. I mit der Bezeichnung „Joan Schwingen“, 1759
Abb. 12: Detail aus dem Ehmanschen Flurkartenatlas Tab. I mit der Bezeichnung „Joan Schwingen“, 1759
Ausschnitt aus der „Tabell II“, die die Ländereien von der Kommende nach Süden zum Lyngsberg hin zeigt. Die Gebäude sind genauer dargestellt eben so wie die Anliegergrundstücke. Hier das betreffende Stück schon richtigerweise bezeichnet mit „Johann Schwingen“.
Abb. 13: Ausschnitt aus der „Tabell II“, die die Ländereien von der Kommende nach Süden zum Lyngsberg hin zeigt. Die Gebäude sind genauer dargestellt eben so wie die Anliegergrundstücke. Hier das betreffende Stück schon richtigerweise bezeichnet mit „Johann Schwingen“.

Wie ging es nach 1804 weiter mit dem anderen Hof des Johannes Schwingen (*8.4.1736†1.4.1814) gegenüber der Einmündung des Helperts? Johann und Caspar Schwingen waren direkte Nachbarn und an der Ecke Hauptstraße/Gringsstraße lag das Gebäude des Heinrich Schwind. Die Gringsstraße abwärts lag unterhalb von Schwind das Grundstück des Thomas Heinen und seiner Ehefrau Anna Elisabeth Wallraf (Nr. 306). Für Caspar Schwingen und dessen Frau Adelheid Zeugs, die seit dem 14.5.1793 verheiratet waren, sind folgende Kinder nachzuweisen: Johannes (*2.1.1797, wohl früh verstorben), Johannes (*2.8.1798, wohl früh verstorben), Anton (*10.9.1799), Johannes (*2.7.1803, wohl früh verstorben), Gertrud (*21.4.1806), Johannes (*19.8.1812).

Johannes Schwingen (*1736), der als Pächter durch den Pachtbrief von 1770 ausgewiesen ist, hatte aus zwei Ehen 12 Kinder, so dass es durchaus wahrscheinlich ist, dass nach seinem Ableben im Jahr 1814 das gesamte Anwesen an einen Zweig der wohlhabenden Wallraf-Familie, in die dann später Hermann Josef Brenig 1848 eingeheiratet hatte, verkauft wurde, um die Erbansprüche der Kinder zu erfüllen. Die Kinder aus erster Ehe waren: Gertrud (*27.11.1764, ab 1789 verheiratet mit Anton Schwind, die auf dem Hof gegenüber der Kommende lebte), Wilhelm (*7.2.1767†28.1.1827 – ab ca. 1801 verheiratet mit Christina Riegel), Matthias (*6.11.1769†28.2.1851 – ab 1804 verheiratet mit Maria Kick, Eigentümer der Wattendorfer Mühle), Anna (*27.12.1772†3.4.1782), Anna Maria (*15.11.1775 – ab 1801 verheiratet mit Peter Schlebusch in Lannesdorf), Catharina (*17.3.1778†19.4.1782), die Zwillinge Johannes und Wilhelm (*23.11.1780, Johannes † 9.12.1780, Wilhelm †27.12.1780). Die Kinder aus zweiter Ehe waren: Christoph (*14.1.1783 – ab 1811 verheiratet mit Ursula Zeugs *1.3.1782 †30.9.1814, Witwe des Anton Waasem, und dann Pächter des „Alten Burggutes“ an der Elfstraße, ab ca. 1814, nach dem Tod der ersten Frau, verheiratet mit Gertrud Cöllen), Gertrud (9.1.1785†6.2.1857 – ab 1811verheiratet mit Reiner Peter Rennenberg), Anton (*23.10.1787†22.1.1825 ab 1817 verheiratet mit Elisabeth Waasem), Peter (*16.9.1791, Ackerer, weiteres nicht bekannt). Da die Kinder des Johannes Schwingen gute Partien gemacht haben, was die Auswahl der Ehepartner und deren Vermögen anging, darf angenommen werden, dass die Aussteuer und Mitgift dementsprechend ausgefallen ist.

Interessant dabei ist, dass die älteste Tochter Getrud aus erster Ehe offenkundig den Schwingenhof gegenüber der Kommende als Mitgift erhalten hat. Gertrud heiratete 1789 im Alter von 25 Jahren, da war ihr Vater Johannes 53 Jahre alt und lebte seit etwa 1782 mit seiner zweiten Frau Maria Katharina auf dem „Zehnthof“.

Ob, wie und wann genau der Eigentumsübergang von den Schwingens zu den Wallrafs oder den Brenigs im 19. Jahrhundert stattfand, das ist im Detail noch zu klären. Zur Geschichte des Hauses Nr. 37/39 schreibt Horst Heidermann: „Der Schmied Heinrich Brenig in Muffendorf war ein Sohn von Hermann Josef Brenig und Anna Maria Wallraf (*16.5.1821†4.11.1885) in Muffendorf. Hermann Josef Brenig hatte 1848 nach Muffendorf in den sog. ‚Zehnthof’ eingeheiratet. Der Hof war 1717 von Johannes Wallraf erbaut worden. 30 Jahre lang wurde hier der ‚Dorfzehnte’ erhoben.“ (Heidermann, Horst: Die Entwicklung der Industrie in dem Badeort Godesberg, VHH Bad Godesberg 2014, S. 117, 118) Das bedarf der Klärung: Eindeutig auf 1717 datiert ist das kleine Fachwerkhaus mit der Nr. 39 im Binnenhof. Was es mit dem hier genannten „Dorfzehnten“ auf sich hat, und welche Rolle die Familie Wallraf spielte, darüber ist bei Wiedemann etwas zu finden: Er erwähnt für das Jahr 1741 (?) einen Muffendorfer Schöffen namens Johann Walraff (*14.9.1641†31.1.1739), der „etwa 30 Jahre lang den Dom-Zehnten mit erhoben hatte“ (1930, S. 118).

Diese allgemeine Steuer zugunsten des Domkapitels in Köln wurde von fast allen landwirtschaftlich genutzten Flächen erhoben. Nur nicht von den Flächen, die ausdrücklich anderen Pflichten und Steuern des Zehnten unterlagen, wie z.B. die Flächen des Cassiushofes und der Kommende. (Wiedemann 1930, S. 118, 119) Damit wäre die Herkunft der Bezeichnung „Zehnthof“ für die Nr. 39 geklärt. Es handelte sich also keineswegs um eine zehntpflichtige Domäne, sondern um den Wohnsitz eines Geschworenen oder Schöffen, der darüber zu wachen hatte, dass der Dom-Zehnte entsprechend den Pflichten und Rechten korrekt abgeliefert wurde.

Dem Johann Schwingen gehörte ausweislich der französischen Listen jedenfalls 1811 bereits auch die Nr. 39, was durch die Eheschließung mit Maria Katharina Wallraf möglich gewesen wäre. Der französische Katasterplan „B“ von 1811 enthält keinen Hinweis auf eine Familie Wallraf, die die Nr. 39 (im Plan Nr. 303, 308, 309) betreffen. Die gesamte Liegenschaft ist dem Johann Schwingen zugeordnet.

Im französischen Katasterplan finden sich zwei Hinweise auf Häuser, die im Jahr 1811 einem Wallraf gehörten. Einmal die Nr. 1168 auf der Gassen. Das ist das südliche Eckhaus an der Einmündung des Helpert in die Hauptstraße (heute Latz). Dies gehörte 1811 dem Reiner Wallraf. Nach Norden zu an der Hauptstraße lag das Haus der Witwe Anton Wallraf etwa da, wo sich heute die Gaststätte der Familie Völzgen, ehemals Schneider-Rausch, befindet.

Fest steht aber, dass beide Häuser, die Nrn. 37 und die 39, dann ab ca. der Mitte des 19. Jahrhunderts der Familie Brenig gehörten. Frau Anni Brenig, die Witwe von Otto Brenig, weiss aus den Erzählungen der Familie zu berichten, dass die Grundstücke, die zu den Häusern gehörten, „von Napoleon gekommen wären“. Dies ist sicherlich ein Verweis auf die Ersteigerung des Kapitelshofes durch Johann Schwingen im Jahr 1804 nach dem Reichsdeputationshauptschluss. Die lange Geschichte des Cassiusstiftshofes scheint nach dieser Lesart in Vergessenheit gewesen zu sein.

Ob Hermann Josef Brenig das Fachwerkhäuschen mit der Nr. 39 anlässlich seiner Eheschließung mit Anna Maria Wallraf von den Schwingens erstanden hat, scheint durchaus möglich. Die Sippe der Schwingens zeichnet sich im 19. Jahrhundert durch rege Neubautätigkeit im Dorf aus, so dass es durchaus möglich gewesen wäre, dass die sehr alten Gebäude als lästige Denkmäler einer alten Zeit verkauft wurden. Zumal die Schwingens auch erfolgreiche Landwirte wurden, die sich u.a. um den Pfirsichanbau in Muffendorf sehr verdient gemacht haben.

So kann der Hinweis aus der Familiengeschichte auf die „Napoleonischen Ländereien“ zusammen mit den Besitzern Johann und Caspar Schwingen doch als recht deutlicher Beleg dafür genommen werden, dass es sich beim Haus Nr. 37 eher um den ehemaligen Cassiusstiftshof oder einen Teil desselben handelt. Wenn auch von der mittelalterlichen Bausubstanz keine Spuren mehr vorhanden sind. Dann müsste Johannes Schwingen den Hof 1804 ersteigert haben, um ihn bis 1811 mit Gewinn an seinen Verwandten Caspar Schwingen zu verkaufen oder die beiden Verwandten hätten, wie erwähnt, ein Konsortium für den Erwerb gebildet. Das Land nahe bei der Nr. 39 und hinter der Nr. 37 hat Johannes dann für sich selbst behalten. Nur so ist die Geschichte, die in der Familie erzählt wird, zu erklären, dass „das Land von Napoleon“ gekommen sei. Schaut man sich die Fassade des Hauses Nr. 37 an, erkennt man unschwer, dass vermutlich im frühen 19. Jahrhundert, das ursprüngliche Gebäude, das wohl ein giebelständiges Fachwerkhaus mit Eichenbalken gewesen ist, zum traufenständigen Haus mit Krüppelwalmdach umgebaut wurde. Es wurde den Bedürfnissen entsprechend umgebaut, dabei wurde kein Eichenholz mehr verwendet, sondern Fichtenholz.

Die Umbrüche durch die Napoleonischen Reformen (nach 1794) und die Versteigerung der National- und Kirchengüter brachten umfangreiche Flurbereinigungen mit sich, und unter den wohlhabenden Bauern ging das große Handeln und Tauschen mit Grundstücken, ein regelrechtes Spekulieren, los. Das wird deutlich, wenn man die Karten des Ehmanschen Plans neben die französischen Katasterpläne legt. Dabei wird deutlich, dass es den Schwingens gelungen war, mit dem Hof des Cassiusstiftes größere zusammenhängende Grundstücke zu erwerben. Insbesondere die Grundstücke des Stiftshofes direkt am Hause sowie an der Bleimaar und am Breiten Graben sowie das große Stück an Zwieges Graben (Section A, Nr. 117) belegen dies. Bei Ehmans sind zahlreiche Grundstücke gekennzeichnet als „Capitul zu Bonn“ und daher ungefähr zurechenbar. Leider finden sich bei Ehmans’ Flurkartenatlas nur wenige Hinweise auf die alten Höfe. Nördlich des Kommendegrundstücks an der Hauptstraße entlang finden sich überhaupt keine Eintragungen von Häusern, obwohl nachweislich 1759 dort schon eine ganze Reihe von Häusern gestanden haben, so auch rheinseits die heutigen Nrn. 35, 37, 39 und 41.

Der Cassiusstiftshof im 20. Jahrhundert

Die Hauptstraße mit den Häusern Nr. 35, 37 und 39 nach 1900
Abb. 14: Die Hauptstraße mit den Häusern Nr. 35, 37 und 39 nach 1900

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren die drei Gebäude Hauptstr. 35, 37 und 39 schwer in Mitleidenschaft gezogen und bereits für einige Jahre unbewohnt gewesen. Für das Eckgebäude an der Gringsstraße-Hauptstraße Nr. 35 (Besitzer 1811 Heinrich Schwind), das damals bereits dem Josef Brenig gehörte, lagen 1927 Abriss- und Neubaupläne vor. Ausweislich der Akten des Landeskonservators Rheinland wurde ein Kompromiss mit dem Eigentümer getroffen, der den Abriss und die völlige Zerstörung des alten Gebäudes verhinderte. Es wurde ein Erdgeschoss aus Stein aufgeführt, auf welches das alte Fachwerkhaus aufgesetzt und ausgebessert wurde, das so erhalten blieb. Die Denkmalbehörde genehmigte 1927 einen Zuschuss von 1.000 Reichsmark zu den Gesamtbaukosten von 9.500 Reichsmark. (Archiv des LVR Amtes für Denkmalpflege, Akte Nr. 12103) So präsentiert sich das alte Haus noch heute mit seinem steinernen Sockelgeschoss. Die Brüder Josef und Karl Brenig, die eine erfolgreiche, mit vielen Patenten ausgestatte Landmaschinenfirma in Friesdorf betrieben, stammten aus Muffendorf. Bereits deren Vater Heinrich Brenig (1854 – 1921), dessen Grab sich heute noch auf dem Muffendorfer Friedhof befindet, hatte im Haus Nr. 37 eine Schmiede betrieben. Die Werkzeuge und die Esse waren noch in den 1970er Jahren vorhanden, so erinnert sich Karl Peter Brenig, der ein Nachfahre der Familie ist.

Wann ist das Haus Nr. 35 in den Besitz der Brenigs gelangt? Da es längere Zeit vor 1927 leergestanden hatte und ein Antrag auf Abriss vorlag, ist es wahrscheinlich, dass Josef Brenig (1896 – 1969) das Haus in dieser Zeit erworben hat. Dort gründete er zusammen mit seinem Bruder Karl 1935 ein Unternehmen, das „Eisenwarenhandel, Schmiede, Schlosserei und Zentralheizungsbau“ umfasste. (Heidermann, Horst: Die Entwicklung der Industrie in dem Badeort Godesberg, VHH Bad Godesberg 2014, S. 118)

Die drei Häuser nach der Instandsetzung der Straße zur 1100-Jahrfeier 1988 (Foto: Lieselotte Nerlich)
Abb. 15: Die drei Häuser nach der Instandsetzung der Straße zur 1100-Jahrfeier 1988 (Foto: Lieselotte Nerlich)
Der Binnenhof und die Nr. 39, davor wohl Frau Margareta Brenig, geb. Mies, die Ehefrau des Urban Brenig, vor der Instandsetzung des Hauses, ca. 1920
Abb. 16: Der Binnenhof und die Nr. 39, davor wohl Frau Margareta Brenig, geb. Mies, die Ehefrau des Urban Brenig, vor der Instandsetzung des Hauses, ca. 1920
Während der Instandsetzung Nr. 39, nach 1925, wohl wieder mit Frau Margareta Brenig
Abb. 17: Während der Instandsetzung Nr. 39, nach 1925, wohl wieder mit Frau Margareta Brenig

Nach 1900 war der Besitzer der Nr. 39 Urban Brenig, dessen Söhne bis in die 1970er Jahre in dem Fachwerkhof lebten. Urban Brenig, ein Nachfahre des Hermann Josef Brenig, der 1848 dort eingeheiratet hatte, und seine Frau Margareta haben das Haus mit der Nr. 39 nach 1925 umfangreich instand gesetzt, wie die Fotos und die Archivalien aus dem Bestand des Landeskonservators beweisen. Die Gefache wurden neu verfüllt und wo notwendig, die Hölzer ersetzt. Das Haus mit der Nummer 39 und seine Nebengebäude sind durch Inschriften auf den Balken datiert auf 1717 und 1718. Das traufenständige Haus Nr. 37 mit dem Krüppelwalmdach, das 1811 von Caspar Schwingen und Adelheid Schwingen geb. Zeugs bewohnt wurde, ist, wie man an der Fassade leicht erkennen kann, wahrscheinlich bereits im 19. Jahrhundert wesentlich umgebaut und erweitert worden. Es scheint um 1900/1920 allerdings durchaus noch in einem besserem Zustand gewesen zu sein als die Nr. 39, wie die alten Fotos beweisen. Wann und wie diese Liegenschaft von den Schwingens zu den Brenigs überging, das ist derzeit nicht festzustellen. Jedenfalls blieb ein Großteil der landwirtschaftlichen Gartenfläche zwischen dem Haus Nr. 39 und der heutigen Elisabeth Mayer Straße noch bis zum Verkauf der gesamten Liegenschaft in den 1970er Jahren bei den Erben Brenig. Dabei handelte es sich sehr wahrscheinlich um Gartenland, das von alters her zum Hof des Cassiusstiftes gehört hat.

Den Zweiten Weltkrieg überstanden die alten Gebäude an der Hauptstraße weitgehend unbeschädigt, eine kleine Schmiede und ein Kuhstall waren noch bis in die 1970er Jahre vorhanden. Die letzten beiden Kühe des Dorfes, die hier ihre Heimat hatten, wurden noch in den 1960er Jahren durch die Hauptstraße zu ihrer Weide am Lyngsberg geführt, oftmals die Hauptstraße mit ihren Hinterlassenschaften dekorierend.

Nr. 39 Südansicht, Gartenseite (Foto D. Ulanowski), um 1978
Abb. 18: Nr. 39 Südansicht, Gartenseite (Foto D. Ulanowski), um 1978

Nach dem Tod der beiden alten Brenigbrüder verkaufte die Erbengemeinschaft die Gebäude an Carl Maria Völzgen. Nach liebevoller Restaurierung und Sanierung entstand ein vielfach bewundertes Ensemble mit einem gepflegten Weinlokal und einem von Weinranken geschmückten Binnenhof. Dieses Muffendorfer Weinhäuschen wurde zum Anziehungspunkt für zahlreiche Gäste, auch aus dem politischen Bonn. Das gesamte Ensemble rund um den Binnenhof blickt auf eine Geschichte zurück, deren Wurzeln wohl noch bis weit hinter das Jahr 1136 zurückreichen. Trotz aller Unwägbarkeiten durch Ereignisse wie Erb- und Todesfälle, Namensgleichheiten etc., die nicht archivalisch belegt sind und daher auch nicht erschlossen werden können, wird doch aufgrund der oben geschilderten nachzuweisenden Zusammenhänge deutlich, dass der Cassiusstiftshof ehemals dort bestanden hatte, wo heute das Gebäude Muffendorfer Hauptstraße 37 steht, das vielleicht noch Bauteile aus der Zeit des Cassiusstiftshofes enthält.

Literatur:
Ennen, Edith u. Höroldt, Dietrich: Kleine Geschichte der Stadt Bonn, 2. Aufl. Bonn 1968
Maaßen, German Hubert Christian: Geschichte der Pfarreien des Dekanates Bonn, I, II, Köln 1894
Wiedemann, Alfred: Geschichte Godesbergs und seiner Umgebung, 2. Aufl. Bad Godesberg 1930
Schloßmacher, Norbert: Alles ist wegen Aufhebung der Klöster und Stifter verstört, in Bonner Geschichtsblätter Bd. 53/54, 2004, S203 ff.


Bildnachweis: Abb. 1, 5: Lars Bergengruen, Abb. 2, 18: Dietrich Ulanowski, Abb. 3, 4, 9, 10: Pia Heckes, Abb. 6, 7, 8, 11, 12, 13, 14, 16, 17: VHH Bad Godesberg, Repros Lars Bergengruen, Abb. 15: VHH Bad Godesberg, Lieselotte Nerlich