Exkurs: Alt St. Martin

Pia Heckes

Spaziergang durch die Muffendorfer Geschichte

VON DER ALTSTEINZEIT INS 21. JAHRHUNDERT

Einleitung Vorgeschichte Antike Mittelalter Neuzeit Literatur

Einleitung

Muffendorf, ein Dorf mit langer Geschichte, schmiegt sich an den nordöstlichen Abhang des Lyngsberges, es erstreckt sich zwischen Heiderhof, Lannesdorf, Pennenfeld und dem südlichen Rand Bad Godesbergs (Geokoordinaten: 50° 40’ N, 7° 10’ O). Mehrere Quellen speisten noch im 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts ein kleines Rinnsal, das sich westlich vor der Kommende am heutigen Remi-Baert-Platz sammelte, einen kleinen Teich bildete, der als Pferdeschwemme diente, und von dort entlang der Benngasse in die kleinen Moorseen im Pennenfeld abfloss. Eine Handpumpe, die mitten in der Muffendorfer Hauptstraße zu sehen ist, erinnert an die vielen kleinen Wasserstellen, die einst das Dorf versorgten. Der Frosch am „Pümpchen“ (Lehnpütz) ist ein weiterer (moderner) Zeuge der alten dörflichen Wasserstellen.

Muffendorf ist eingebettet in eine liebliche Landschaft direkt gegenüber dem Siebengebirge, das von zahlreichen Punkten im Dorf gut zu sehen ist und begehrte Aussichtsbaulagen brachte. Über Jahrhunderte ernährte vor allem der gute Ackerboden die Menschen. Wein-, Obst- und Gemüseanbau brachten den Bauern bescheidenes Auskommen. Erst die „Vierte Fruchtfolge“ in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg, der Verkauf des Ackerlandes als Bauland, hob für einige Muffendorfer Bauern ein wenig den Wohlstand.

Rechts und links der Muffendorfer Hauptstraße und ihrer Nebengassen, an der Martinstraße sowie im Oberdorf rings um den Lehnpütz haben sich zahlreiche kleinere und größere Fachwerkbauten, vorzugsweise aus dem 18. und 19. Jahrhundert, erhalten, die das Ortsbild bis heute prägen. Damit ist Muffendorf zu einem bevorzugten Wohnviertel Bad Godesbergs geworden.

Ein ganz besonderes Kleinod der romanischen Baukunst hat sich mit Alt St. Martin erhalten. Über diese Kirche und die Landschaft am Rhein schreibt Paul Ortwin Rave: „Um bedeutend zu wirken, bedurfte es keines größeren Aufwandes in einer Landschaft, in der, wie Wilhelm Heinse 1780 in einem Brief von seiner Rheinreise schreibt, der Strom ‚wie ein lichtheller Greis im Silberhaar von lustigen Rebenhügeln gleich jungen Liebesgöttern umwimmelt daliegt’. So haftet selbst so winzigem Kirchlein wie der Muffendorfer bei Godesberg im Angesicht der Sieben Berge eine achtungsgebietende Würde an...“ (Rave, Paul Ortwin: Romanische Baukunst am Rhein, Bonn 1922, S. 12, Abb. 50)

Für manche ist Muffendorf bis heute das „schönste Dorf im Rheinland“, wir betrachten es bescheiden als eine Perle in der Krone der romantischen rheinischen Landschaft.

Die Geschichte Muffendorfs und einzelne Aspekte hierzu waren immer wieder Gegenstand zahlreicher Einzeluntersuchungen und Darstellungen, die zumeist ihren Niederschlag in den Schriften des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V. (VHH) gefunden haben. Viele Autoren haben sich Verdienste erworben, zahlreichen Veröffentlichungen verdanken wir profunde Kenntnisse zur Geschichte unseres Ortes. Ohne diese Veröffentlichungen wäre eine Arbeit, wie die hier vorliegende, nicht möglich gewesen. Und ohne diese große Zahl von Forschungen wäre es vermessen gewesen, einen solchen Überblick zu versuchen und sich eingehender mit der Geschichte der untergegangenen Burg zu Muffendorf zu beschäftigen. An dieser Stelle soll der grundsätzliche Hinweis auf die Veröffentlichungen des VHH genügen, genauere Hinweise finden sich im jeweiligen Anmerkungsapparat. (Stellvertretend für die zahlreichen kundigen Veröffentlichungen zu Muffendorf, insbesondere auch zu den Straßennamen, seien hier genannt: 1100 Jahre Muffendorf 888 – 1988 Beiträge zum 1100. Jahrestag der ersten urkundlichen Erwähnung von Muffendorf am 13. Juni 888, VHH 1988; Hans Kleinpass: Die Straßennamen der Gemarkung Muffendorf, in: Godesberger Heimatblätter 29 f., S. 138 ff., 32, S. 107 ff., 38 S. 133 ff., 44, S. 50 ff.)

Der wesentliche Beweggrund für die vorliegende Studie aber war die Neugier: Wie ist es gewesen? Welche Rolle mag das Dorf innerhalb der rheinischen Geschichte gespielt haben? Welche Bedeutung hatte die untergegangene Burg? Es ist ein Versuch, Muffendorf im Spiegel der rheinischen Geschichte zu sehen. Viele der aufgeworfenen Themen sind nicht annäherungsweise erschöpfend dargestellt, manches kann in der Zukunft sicher weit genauer dargestellt werden, und es wird der Zukunft vorbehalten bleiben, manche Lücken zu schließen. Die vorliegende Arbeit soll keinesfalls eine erschöpfende Darstellung der Muffendorfer Geschichte sein, beschäftigtigt sie sich doch mit ausgewählten Themenkomplexen, die inhaltlich aber doch einen über Jahrhunderte nachweisbaren Zusammenhang ergeben.

Der Name „Muffendorf“ hat immer wieder Anlass für verschiedenste Ansätze zur Erklärung seiner Herleitung geboten. In den schriftlichen Quelllen finden sich die unterschiedlichen Schreibweisen, die in einer Veröffentlichung der Universität Antwerpen katalogartig mit dem Verwendungszeitraum zusammengestellt wurden:

Moffondurp • 888 ± 1191
Mofondurf • 930 ± 1191
Monfonthurp • 966 ± 1191
Moffendorf • 1020 ± 1191
Moffendorf • 1064 ± 1106
Moffendorf • 1109
Moffendorp • 1057
Moffendorp • (1148?)
Moffendorp • 1174
Moffendorp • 1181
Moffendorp • 1225
Mofindorp • 1064 ± 1084
Moffendorph • 1076
Moffendorph • 1136
Moffendorph • 1143
Moffindorp • (1116)
Moffindorp • 1212
Mv+offendorp • 1139
Mofendorph • 1154
Mofendorph • (1156-58)
Můffendorp • 1191
Moffendurp • ± 1191 (http://www.wulfila.be/tw/)

Der Name hat über die Jahrhunderte erstaunlich wenig Veränderung erfahren. Eine wirklich befriedigende Erklärung der Herleitung des Namens liegt aber bis heute nicht vor. (Eindeutig ist aber auszuschliessen, dass das niederländische Schimpfwort „Moffen“, das für die unbeliebten Deutschen verwendet wurde, einen Zusammenhang hätte, da dieses Wort im Niederländischen erst in der Neuzeit nachgewiesen ist.)

Die Geschichte Muffendorfs wird im folgenden chronologisch dargestellt, wenn auch wegen der komplexen Thematik an der einen oder anderen Stelle einmal ein Vorgriff oder ein Hinweis auf ältere Zeiten notwendig wird, so kann der Leser aber doch der historischen Abfolge von der Altsteinzeit bis ins 21. Jahrhundert folgen.

Muffendorf (ca. 1909)
 
Muffendorf (nach 1910)
 
Muffendorf (2002)
Abb. 1-3: Muffendorf gestern und heute (ca. 1909, nach 1910, 2002)

Bildnachweis: Abb. 1, 2 mit freundlicher Genehmigung des Vereins für Heimatpflege und Heimatgechichte Bad Godesberg e.V., Abb. 3 Lars Bergengruen